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Freitag, 25. Mai 2012

Ihr seid nicht normal! - Pfingstsonntag, 27.05.2012, Reihe IV

Text: 1. Korinther 2,10-16

Liebe Gemeinde!


Sie sind nicht normal! Erwachsene, die an Gott glauben, die in Gottesdiensten, in Liedern, Lesungen und Predigten ihren Glauben stärken und sich vergewissern wollen – nicht normal! Jugendliche, die nach Gott fragen, die nach der Bedeutung von Jesus für ihr Leben fragen, die im Glauben an Jesus einen Gewinn für ihr Leben sehen – nicht normal! Klar, das Wort „normal“ ist schwierig. Was ist schon „normal“? Wir leben in einer Zeit, in der sehr viel möglich ist. Gott sei Dank wird niemandem in Deutschland mehr vorgeschrieben, was er zu glauben und welcher Kirche oder Religion er anzugehören hat. Ob ich in die Kirche gehe oder nicht, ob ich heirate oder nicht, Männer oder Frauen liebe, die Haare bunt färbe oder gern Anzüge trage – so ziemlich alles wird akzeptiert. Aber nicht alles ist normal. Vor allem nicht, an Gott so zu glauben, dass ich von ihm sagen kann: er hat sich wirklich in Jesus gezeigt. An eine höhere Kraft zu glauben, die irgendwo da ist und das Leben nicht weiter stört, das ist normal. Aber daran zu glauben, dass Gott sich in einem lebendigen Menschen offenbart hat, dass er sich den Außenseitern zugewandt hat, dass er gelitten hat, gestorben ist, den Tod besiegt hat, dass der Glaube an Gott auch im Alltag Konsequenzen hat, das ist nicht normal. Das stört. Wie gewaltig der Glauben an Gott stört, das haben mir in der letzten Woche zwei ganz unterschiedliche Ereignisse gezeigt. Einmal ist da eine Auseinandersetzung in Kassel. Eine katholische Kirche zeigt in einer Ausstellung eine menschliche Figur im Kirchturm, gut sichtbar in der Nähe der Weltkunstaustellung „documenta“, die demnächst eröff-net wird. Die Leiterin der documenta hat sich darüber beschwert. Sie fühle sich von der Figur bedroht, die Kir-che solle sich doch auf das zurückziehen, was sie könne, und das sei eben nicht Kunst. Was Kunst sei, sei auf ihrer documenta zu sehen. Außer der Arroganz und Intoleranz der Leiterin einer solchen Ausstellung wundert mich auch, dass es keine öffentlichen Proteste gegen diese Intoleranz gibt. Scheinbar ist es tatsächlich normal, dass der Glauben an Jesus Christus irgendwo an den Rand gehört, vielleicht geduldet beim Abschied aus dem Leben, aber auch dort bitte so, dass er nicht zu sehr stört, Kreuze in Friedhofshallen sind nicht mehr überall selbstverständlich oder gern gesehen.

Das andere Ereignis war ein Gespräch mit einer Vier-zehnjährigen. Sie erzählte mir von einer heftigen Diskus-sion im Kunstunterricht ihrer Klasse, in der es darum ging, ob und wie Gott dargestellt werden dürfe. Als sie in der Diskussion auch sagte, dass ihr der Glauben an Gott etwas bedeutet und sie es nicht richtig findet, dass er in manchen Serien im Fernsehen bösartig veralbert wird, sagten manche dann sehr abfällig: „Na, dann geh doch halt in die Kirche und lass uns in Ruhe“.

Nein, es ist wirklich nicht normal, an Gott zu glauben. Es ist nicht normal, darauf zu vertrauen, dass Gott da ist, auch wenn viele schlimme Dinge in der Welt und manchmal ja auch im eigenen Leben passieren. In einer Welt, in der „Opfer“ ein echtes Schimpfwort ist, ist es nicht normal, daran zu glauben, dass sich Gott ausgerechnet in einem Opfer zeigt und auf der Seite der Opfer steht. Es ist nicht normal, Liebe auch denen zu zeigen, die ganz anders sind, als ich es gern hätte. Es ist nicht normal, den Wert eines Menschen nicht an seiner Bildung oder seinem Vermögen zu messen, sondern im Menschen einen Wert an sich zu sehen. In jedem Menschen, weil ihm als Menschen die Liebe Gottes gilt.

Sonntag, 20. Mai 2012

Der Bund fürs Leben - Exaudi, 20.05.2012, Reihe IV

Text: Jeremia 31,31-34

Liebe Gemeinde!


Der Bund für’s Leben! Eine tolle Sache, wenn es klappt. In diesem Jahr werde ich als Pfarrer so viele kirchliche Trauungen begleiten dürfen, Paare für ihren gemeinsamen Weg segnen dürfen wie schon lange nicht mehr. Und jedes dieser Paare möchte mit vollem Ernst und aus voller Überzeugung von mir gefragt werden: Willst du den Menschen, den Gott dir anvertraut, lieben und ehren und die Ehe mit ihm nach Gottes Gebot und Verheißung führen in guten und in bösen Tagen, bis dass der Tod euch scheidet? Und ich habe schon lange niemanden mehr erlebt, der irgendwie verschämt ein undeutliches „Ja“ genuschelt hätte, sondern meistens höre ich ein kräftiges und deutliches „Ja, mit Gottes Hilfe!“ Die Gottesdienstordnungen unserer Kirche geben auch die Möglichkeit, die Frage anders zu formulieren und auf das „bis das der Tod euch scheidet“ zu verzichten. Statistisch gesehen wird es bei etwa einem Drittel der Paare sicher nicht der Tod sein, der die beiden scheidet, sondern ein weltliches Gericht. Und auch Pfarrer, Kirchenmitarbeiter und wirklich ganz fromme Christen sind nicht immun dagegen, dass aus dem Bund für’s Leben am Ende nur ein Bund auf Zeit wird. Und trotzdem ist es für die allermeisten Jugendlichen, mit denen ich rede, am Ende ein Ziel, jemanden zu finden, mit 20 vielleicht oder mit 25, mit dem man wirklich den ganzen Rest des Lebens teilen will. Und trotz ernüchternder Statistik schließen immer noch, und vielleicht sogar im Moment wieder mehr, Paare den Bund für’s Leben nicht nur auf dem Standesamt, sondern ausdrücklich auch mit dem Versprechen „vor Gott und seiner Gemeinde“, wie es in der Vorrede zu der entscheidenden Frag ein unseren Hochzeitsgottesdiensten heißt.

Als Erwachsener weiß man, und als Kind hat man es manchmal miterleben müssen, dass so ein Bund aber bei allem guten Willen nicht unendlich viele Enttäuschungen verträgt. Irgendwann ist Schluss. Vor allem dann, wenn nicht nur einmal das Vertrauen missbraucht und die Treue gebrochen wurde. Und manchmal ist es für mich auch ein Zeichen christlicher Nächstenliebe, einer Frau Mut zu machen, sich von einem Mann zu trennen, der sie schlägt, der das Geld verzockt und der ihren guten Willen durch permanente Demütigung, Unterdrückung und Untreue missbraucht.

Wie viel Untreue, wie viel Verrat verträgt ein so ein Bund? Wenn wir uns unsere menschlichen Bünde, nicht nur die für’s Leben, auch die Freundschaftsbünde, die Geschäftsbünde oder die Verbindung in einer Kirchen-gemeinde anschauen, dann mag das zwar im Einzelnen unterschiedlich sein, aber im Ganzen muss man feststel-len: diese Zahl ist äußerst endlich. Irgendwann ist dann Schluss.

Und dann? Rache? Selbstvorwürfe? Depression? Freunde bleiben ist jedenfalls in den allermeisten Fällen eine bloße Illusion, da macht man sich was vor.

Erfahrungen aus dem ganz normalen Leben. irgendwann kann man doch nicht mehr richtig lieben. Und irgendwann fangen Menschen an, die Vorstellungen, die sie ha-ben, auf Gott zu übertragen. Das muss doch einer sein, der irgendwann mal genug von der Untreue der Menschen hat. Wir Menschen kriegen soft genug so viele Chancen, Gutes zu tun, zu lieben und einfach nur so zu leben, wie wir eigentlich ja wissen, dass es richtig wäre – und wir schaffen es immer wieder nicht. Und Gott sollte doch endlich mal dazwischenhauen und Ernst machen.

Dienstag, 8. Mai 2012

Mehr als Musik... - Kantate, 8.5.2012, Marginaltext

Die Überschrift ist "geklaut" von Davee (Einfach guter Song!)
Text (später verlesen): 1. Samuel 16, 14-23
Liebe Gemeinde!


Über Musik reden, das geht eigentlich gar nicht. Natürlich kann man Musik beschreiben und auseinandernehmen, man kann dicke Bücher darüber schreiben und wunderbar streiten, welche Musik in die Kirche gehört und welche nicht, welche Musik schön ist und welche nicht, aber das sind alles nur Nebenschauplätze. Musik lebt davon, dass sie anders ist als Sprache. Für mich ist sie ein ganz großes Geschenk Gottes, weil sie Menschen erreicht, die durch Sprache nicht mehr oder noch nicht zu erreichen sind, weil sie es schafft, Menschen zu verbinden, die ganz verschiedene Sprachen sprechen und die sich durch Worte nicht verstehen würden. Musik ist ein großes Geschenk von Gott, weil sie Menschen in ganz traurigen Momenten aufrichten kann, weil sie Kraft, Power geben kann, wenn jemand ganz unten ist. Sie ist ein ganz großes Geschenk von Gott, denn ich glaube, sie verhindert manchmal auch Gewalt. Es gibt ja nicht nur so positiven Rap, wie wir ihn eben gehört haben, da gibt es noch ganz andere Sachen und manchmal berichten seriöse Zeitungen ganz aufgeregt, wie hart die Sprache da ist. Aber ich glaube, dass diese harte Sprache manchen hilft, Aggressionen so los zu werden, dass sie eben nicht zuschlagen oder zerstören, sondern ihre Aggressionen anders loswerden können. Kann man sicher lange und gut drüber streiten, wie über Musik insgesamt. „Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder“ – diesen Vers aus dem 98. Psalm werden wir am Ende des Gottesdienstes nochmal als Begleitung für die nächste Woche hören. Ja, Gott ist wunderbar und er tut Dinge, über die wir nur staunen können, weil unser Verstand gar nicht groß genug ist, sie zu wirklich verstehen. Und wenn vom Gefühl her nichts anderes übrigbleibt, als einfach nur zu staunen, „wow“ zu sagen und wenn „Danke“ einem einfach viel zu wenig zu sein scheint, warum denn nicht singen, alte Lieder, neue Lieder, einfach Gott ein Stück von seinem großen Geschenk Musik zurückschenken? Aber was ist die richtige Musik für Gott? Von dem Schweizer Theologieprofessor Karl Barth, der vor gut 40 Jahren gestorben ist, wird erzählt, dass er mal gesagt hat: „Wenn die Engel im Himmel Gott loben, spielen sie Bach und wenn sie für sich selbst musizieren, spielen sie Mozart“. Für mich ganz tolle Musik, die ich manchmal richtig gern höre. Und wenn aus dem Weihnachtsorato-rium der Chor „Jauchzet, frohlocket“ erklingt, dann habe ich ein unglaublich gutes Gefühl. Und Mozarts Requiem nimmt dem Tod zwar nicht den Schrecken, aber schafft es bei mir auch, auf eine fast überirdische Weise ein Gefühl von Geborgenheit trotz aller bösen Erfahrungen entstehen zu lassen. Aber ich glaube nicht, dass die Engel vor Gott und für sich nur Musik spielen, die von studierten Musikern, Doktoren und Professoren für wertvoll erachtet wird. Ich glaube, dass es auch Rap- und HipHop-Engel, Rock- und Pop-Engel, Schlager- und Volksmusikengel gibt.

Donnerstag, 3. Mai 2012

Lebst du noch oder wohnst du schon? - Konfirmation 2012


Musik einspielen, HipHop: dann „Mach doch mal die Musik leiser, was sollen denn die Nachbarn denken!“ – „Ist mir doch egal!“ Dann was Orientalisches: „Boaah wieder die aus dem 3. Stock mit ihrer arabischen Eierkochermusik, ich halt‘s nicht aus, ich hol gleich die Polizei!“ Dann Volksmusik: „Die Frau Schulze soll sich gefälligst mal Kopfhörer zulegen, wenn sie mit ihren 90 nicht mehr gut hört, das ist ja nicht mehr zum Aushalten!“


Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Eltern, Paten, Großeltern, Verwandte und Freunde, liebe Gemeinde!
Es ist nicht einfach wenn viele verschiedene Menschen zusammenleben. Und es gibt ja noch viel mehr Streitpunkte: der Müll, das Putzen, die Gerüche beim Kochen und, und, und. Oder auch die Geschwister, die nerven und einem keinen Platz lassen, die Eltern, die andere Vorstellungen von Ordnung haben und die Augen verdrehen, wenn sie die kreative Raumgestaltung der Kinder sehen oder, oder, oder. Jeder kann wahrscheinlich eine ganze Menge Erfahrungen beitragen. Und je nachdem, wie man wohnt, sind die Träume dann schnell da: wenigstens ein eigenes Zimmer, das ich für mich habe, wo ich die Tür zumachen kann und keine Geschwister nerven. Endlich eine eigene Wohnung, wo die Eltern nicht mehr reinreden. Oder ein eigenes Häuschen, in dem man die Geräusche und Gerüche der Nachbarn nicht mehr so mitbekommt. Ein Stück persönlicher, ganz privater Himmel! Da passt alles, da ist es fast perfekt.

Ein Stück Himmel! Ja. Ein Stück Himmel ist auch auf den Gottesdienstblättern heute drauf. „Was, das ist doch der Richtsberg!“ werden jetzt vielleicht manche denken. Ja, das ist der Richtsberg. Und auch noch eine Ansicht, auf der man ganz besonders die Hochhäuser mit ihren vielen Wohnungen sieht. Und viele wissen oder können sich ausmalen, was da alles ist: Neben vielen netten Men-schen auch unglaublich anstrengende Leute. Leute, die mittags schon besoffen auf dem Marktplatz oder vor der Kirche sitzen. Jugendliche, die auch mal kriminelle

Glaubst du Gott? - Konfirmation 2012, Beicht- und Abendmahlsgottesdienst

Text: Lukas 7,36-50
Liebe Konfis, liebe Gemeinde!


Glaubst du Gott? Nein, ich hab mir jetzt nicht angewöhnt so wie manche Jugendliche zu sprechen und Satzteile wegzulassen, so nach dem Motto: „Gehst du Kirche? Hast du Rücken?“ Ich will wirklich nicht fragen: „Glaubst du an Gott?“, sondern: „Glaubst du Gott?“ Die Frage hat vor ein paar Monaten Fossy in seiner Predigt im letzten Jugendgottesdienst gestellt. Fast alle von euch Konfis waren da. Und obwohl wir jetzt fast ein Jahr viel miteinander erlebt und geredet haben, obwohl ich euch immer ein Stück mehr kennengelernt habe, weiß ich nicht, wie ihr antworten würdet. Ihr könnt alle auswendig sagen: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen…“ und so weiter. Und ich glaube euch tatsächlich, dass ihr das, trotz und mit allen Fragen, die ihr habt, auch ernst meint, wenn ihr das im Gottesdienst mitsprecht. Aber ob ihr Gott glaubt, dass er jeden von euch tatsächlich liebt, dass er mit jedem von euch tatsächlich was zu tun haben will? Es hört sich einfach an, wenn ich jetzt, am Ende der Konferzeit, nachdem ihr alles, was ihr lernen solltet auch ganz passabel gelernt habt, sage: „Ihr braucht nicht an Aussagen zu glauben, die Leute lange vor euch gemacht haben, ihr braucht nicht an Gebote zu glauben, es reicht, wenn ihr Gott glaubt!“ – dann hört sich das viel einfacher an, als es ist. Es ist nämlich viel leichter, daran zu glauben, dass es zum Beispiel Regeln und Gebote gibt, die sinnvoll und hilfreich sind, an Sätze zu glauben wie „Gott ist der Schöpfer der Welt“ oder „Jesus starb für unsere Schuld“, als Gott seine Liebe zu mir zu glauben. Hört sich vielleicht jetzt abgehoben und oberschlau an, ist aber eigentlich genau das, um was es in der Geschichte aus der Bibel geht, die wir gerade gehört haben und was meiner Meinung nach auch das Entscheidende im Glauben überhaupt ist: Nicht möglichst viele Sätze zu kennen und zu können, sondern Vertrauen zur Liebe zu haben, Gott zu glauben, dass er mich kennt, mich liebt, mich meint.

Simon, der in der Geschichte aus der Bibel Jesus zum Essen eingeladen hat, war einer, der es ernst mit dem Glauben meinte. Er kannte die Regeln gut