Beliebte Posts

Freitag, 26. April 2013

Vorfreude ist die schönste Freude - oder: mach' deinen eigenen Remix - Kanate, 28.04.2013, Reihe V

Text: Jesaja 12 (Zürcher)
Liebe Gemeinde!
Vorfreude ist die schönste Freude! Es gibt viele Gelegenheiten, bei denen dieser Satz wahr zu sein scheint. Vor dem Urlaub. Wochenlang wird geplant, und jeden Tag steigt die Freude. Bald ist es soweit. Vorfreude. Und dann… - war die Hinreise so anstrengend, ist die Unterkunft nicht so, wie gedacht, ist das Wetter nicht so prickelnd, ist alles sowieso viel zu schnell vorbei. Weihnachten… - und dann hat’s nicht geschneit, ist es viel zu warm, waren die Geschenke nicht so passend… Das erste Wiedersehen mit alten Freunden nach langer Zeit – und dann merkt man, dass man sich nur noch wenig zu sagen hat, wird man dauernd auf die grauer gewordenen Haare oder den größer gewordenen Bauch angesprochen oder man muss sich ständig anhören, wie supertoll es bei den andere im Beruf läuft oder wie perfekt die Kinder sind. Klar, es läuft nicht immer so negativ. Gut so! Aber jeder kennt, glaube ich, aus eigener Erfahrungen solche Erlebnisse, bei denen die Vorfreude groß war – und dann schnell genug die Ernüchterung kam. Ich kenne das auch. Und trotzdem: immer wieder kommt Vorfreude auf, wenn die Hoffnung da ist, das bald etwas richtig Schönes passieren wird. Trotz aller Alltagserfahrungen, trotz allem, was im Moment schwer ist und was auch nicht so laufen wird, wie ich es mir ausmale: Vorfreude ist in jedem Fall eine schöne, manchmal auch die schönste Freude. Um Vorfreude geht es auch in den Versen aus dem Buch Jesaja, die heute als Predigttext vorgeschlagen sind.  Da heißt es: (Jesaja 12,1-6, Zürcher)
Möge dein Zorn sich wenden, dass du mich tröstest. Offensichtlich ist das im Moment noch gar nicht so. Offensichtlich gibt es im Moment vieles, was Gott als den, der zornig ist, der Leben schwer macht, erscheinen lässt. Und obwohl Gott nicht der liebe Gott ist, der schön brav macht, was die Menschen wollen, damit sie immer so weiter machen können und sich nichts ändern muss, obwohl Gott ganz offensichtlich den Menschen eine Menge zumutet, geht es dann vor lauter Vorfreude richtig stark weiter, so, als ob das alles schon längst passiert wäre. Die Hoffnung auf eine gute Zukunft mit Gott, die Vorfreude darauf, lässt die schwere Gegenwart nicht nur erträglich sein, sondern lässt sie gar nicht mehr so ins Gewicht fallen:  Sieh, Gott ist meine Rettung! Ich bin voll Vertrauen und habe keine Angst, denn meine Stärke und meine Kraft ist Gott, der HERR: Er war meine Rettung. In der Musik würde man vielleicht sagen, dass das, was wir hier haben, ein Remix ist. Ein Lied wird neu abgemischt, mit andere Instrumenten unterlegt, mit einem veränderten Rhythmus versehen, so dass es neu und frisch wirkt und ganz eigen, obwohl es manchmal schon ein paar Jährchen alt ist und es in der alten Version niemand mehr hören wollte. Hier wird auch ein Lied zitiert. Die Bibel erzählt, dass Miriam, die Schwester von Mose, es gesungen hat, nachdem die Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten weggelaufen waren und die Armee des Pharaos am Schilfmeer vernichtet wurde, so dass der Weg in die Freiheit endgültig offen war. Mit fast genau den gleichen Worten hat Miriam gesungen, so wird es im 2. Buch Mose erzählt. Offensichtlich hat es den Menschen unglaublich viel Hoffnung gemacht, dass andere, lange vor ihrer Zeit, so begeistert Gott loben konnten, weil sie erfahren haben: Gott befreit uns. Gott hält auch in schweren Zeiten zu uns und er eröffnet uns Wege in die Freiheit. Und lange Zeit danach der Remix: Das gleiche Lied, aber neu, anders, frisch. So, dass es für heute, für die Gegenwart der Menschen, die Gott in einer neuen traurigen Situation brauchen, wirklich zu einem Lied wird, dass die Traurigkeit und das Böse zwar nicht ungeschehen macht, aber das frische Hoffnung weckt. Und Dankbarkeit trotz allem, was drum herum ist. Vorfreude ist die schönste Freude. Weil sie kraftvolle

Samstag, 20. April 2013

Keine Angst, die beißt nicht, die Liebe - Konfirmation 2013

Text: 1. Johannes 4,9.10.16.18.19
Liebe Konfis, liebe Gemeinde!
Er zu ihr, frisch verliebt: Schatz, weißt du, wir sind jetzt schon vier Wochen zusammen und ich liebe dich wie am allerersten Tag. Eigentlich noch viel mehr. Und ich will dir jetzt was sagen, was ich noch nie im Leben einem Mädchen gesagt habe. Was, was mir total wichtig ist. Jetzt ist es endlich so weit. Schatz, willst du heute Abend mit mir und Marc und Niko Black Ops 2 zocken?
Anderer Tag, anderes Paar, sie zu ihm: Schatz, weißt du, wir sind jetzt schon vier Wochen zusammen und ich liebe dich wie am allerersten Tag. Eigentlich noch viel mehr. Und ich will dir jetzt was sagen, was ich noch nie im Leben einem Jungen gesagt habe. Was, was mir total wichtig ist. Jetzt ist es endlich so weit. Schatz, willst du morgen mit mir und meinen Mädels bei H&M shoppen gehen und hinterher einen richtig schönen Cappuccino trinken?
Das Ende zweier wunderbarer Beziehungen? Wer weiß?! Natürlich gibt’s Mädels, die gern Computer zocken und Jungs, die gern mal shoppen gehen. Aber ich glaube, dass sich die wenigsten Mädchen und Frauen über einen Abend mit den besten Kumpels des Freundes und einem relativ brutalen Computerspiel und die wenigsten Jungs oder Männer über eine Shopping-Cappuccino-Tour mit den besten Freundinnen der eigenen Freundin freuen würden. Es könnte das Ende der Beziehung sein, der Liebe. Vielleicht, weil der Gedanke da ist: „Sag mal, hat der (oder die) mich in den vier Wochen nicht besser kennengelernt? Denkt der (oder die) nur an die eigenen Hobbys und Freunde? Anscheinend bin ich ihm (oder ihr) gar nicht wichtig!“ Da gibt sich jemand keine Mühe, mal nachzudenken, was ich brauche, denke, fühle – also hat das alles keinen Sinn. Es könnte das Ende sein. Es könnte aber auch der Start in eine neue Phase sein. „Okay, das ist zwar nicht mein Traum, aber offensichtlich liebt er oder sie mich so, dass er oder sie mich bei etwas dabei haben will, was sehr wichtig ist. Und offensichtlich bin ich ihm oder ihr vor seinen Freunden oder ihren Freundinnen nicht peinlich!“ Beides denkbar – das Ende oder die Vertiefung der Liebe. Wer weiß?! Eben keiner. Liebe kann man nicht wissen. Liebe kann man nur leben. Liebe ist etwas höchst Lebendiges. Sie kann wachsen oder eingehen, sie muss gepflegt werden und ist nie unabhängig von denen, die lieben. Es gibt keine objektive Liebe, die man betrachten und beschreiben und dann wieder weglegen kann. Liebe ist immer subjektiv. Weil da immer Subjekte, eigene Persönlichkeiten, die nicht austauschbar sind, miteinander eine Beziehung haben. Ich will jetzt in der Predigt keinen Beziehungsratgeber für die erste oder zweite Liebe von Konfis, die schon da ist oder die noch kommen wird, geben. Mir ist nur aufgefallen, dass neun von sechzehn Konfis

Regeln lenken nur vom Wesentlichen ab - Konfirmation 2013, Abendmahlsgottesdienst

Text: Lukas 19,1-10
Liebe Konfis, liebe Gemeinde!
Ich finde, dass wir in Konfer viel zu viele Regeln hatten und haben. Als Voraussetzung für die Konfirmation sollte man jede Woche in Konfer gewesen sein oder eine Entschuldigung gehabt haben, mindestens 23 mal im Gottesdienst gewesen sein, sich weniger als vier rote Karten abgeholt haben, das Glaubensbekenntnis, das Vaterunser, den 23. Psalm und die Zehn Gebote auswendig können, mitarbeiten, nicht dauernd dazwischen schwätzen, auf das hören, was ich und die anderen Mitarbeiter sagen und, und, und… - ganz schön viele Regeln. Und für manche von euch Konfis war es gar nicht so einfach, die Regeln alle einzuhalten und für mich und die anderen Mitarbeiter war es auch nicht immer leicht, darauf zu achten, dass die Regeln wenigstens so einigermaßen eingehalten wurden. Das hat ganz schön viel Kraft gekostet. Was wäre eigentlich passiert, wenn wir gar keine Regeln gehabt hätten? Das wäre eigentlich mein ganz persönlicher Traum. Ein Konfirmandenunterricht, der keine Regeln braucht. Zumindest keine Regeln über das Auswendiglernen, den regelmäßigen Gottesdienstbesuch, das gegenseitige Zuhören, das regelmäßige Kommen. Ob der wohl funktioniert? Was würde wohl passieren?
Ich bin Realist. Ich glaube, dass Menschen Regeln brauchen. Erwachsene genauso wie Kinder und Jugendliche. Menschen brauchen Regeln, damit die Ehrlichen, die Rücksichtsvollen, aber auch die Schwächeren geschützt werden und sich entwickeln können. Aber gerade in Konfer und vielleicht auch in der Kirche und der Gemeinde überhaupt würde ich gern mal auf Regeln verzichten. Weil Regeln gerade in Konfer manchmal zu einem Missverständnis führen. Konfirmation – übersetzt heißt das ja nichts anderes als eine feste Beziehung zu Gott – Konfirmation wäre eine verdiente Belohnung dafür, dass man sich an Regeln hält. So was wäre wirklich ein Missverständnis. Eigentlich ist es eher umgekehrt – dass ich rücksichtsvoll bin, dass ich Schwächeren helfe, zu ihrem Recht zu kommen, dass ich nachfrage, was in der Bibel steht, dass ich in einer Gemeinde nicht nur für mich selber lebe, sondern Kontakte zu anderen suche, im Gottesdienst und bei andern Gelegenheiten, dass ich mich mit andere treffe, um was aus der Bibel zu hören, um zusammen zu beten, das ist alles keine Voraussetzung für eine gute Beziehung zu Gott, das ist alles nicht die Voraussetzung dafür, dass Gott einen Menschen, mich , liebt, sondern eher das Ergebnis davon, dass ich das in mir drin spüre und weiß: ich bin für Gott was wert.
Die Voraussetzung für eine gute Beziehung zu Gott ist kein perfektes oder auch nur annähernd gutes Leben, das den Regeln entspricht. Es gibt nur eine einzige echte Voraussetzung: Neugier. Den Wunsch, Jesus kennenzulernen. Alles andere kann dann erst später kommen. Wie ist das mit euch: Wart ihr neugierig

Samstag, 13. April 2013

"Schatz, hast du mich lieb??" - von nervigen Fragen und klugen antworten Misericordias Domini, 14.04.2013, Reihe V

Text: Johannes 21,15-19 (Zürcher Bibel)
Liebe Gemeinde!
„Schatz, liebst du mich?“ – „Ja, klar“ – „Liebst du mich wirklich?“  - „Natürlich, das weißt du doch!“ – „Aber liebst du mich so richtig?“ – Wer als derjenige oder diejenige, der oder die gefragt wird, nicht schon bei der zweiten Frage die Augen gerollt hat, ist spätestens jetzt dem Wahnsinn nahe und kurz vor dem Ausrasten. Ich glaube fast jeder, der schon einmal die unglaublich schöne Erfahrung einer liebevollen Beziehung zu einem anderen Menschen gemacht hat, kennt diese oder ganz ähnliche Dialoge. Und zwar meistens von beiden Seiten. Als der, der so hartnäckig fragt oder als derjenige, der bei der dritten Frage genervt nicht mehr weiß, was er oder sie noch alles sagen soll. Ich glaube auch, dass diese Erfahrung relativ altersunabhängig ist. Von der ersten großen Liebe bis zur goldenen oder diamantenen Hochzeit nach vielen Ehejahrzehnten solche Gespräche schleichen sich ein. Eigentlich weiß ja fast jede und jeder, dass solche Gesprächsgänge wenig bis gar nichts bringen, außer vielleicht dem Gefühl der Gereiztheit. Über Liebe kann man schlecht reden, Liebe spürt man. Aber trotzdem: ich glaube, dass jede und jeder manchmal einfach Bestätigung braucht und sie auch durch solche Fragen sucht. Da kann es sein, dass so viel im Leben gerade schief läuft, dass in der Schule nichts passt oder in der Familie Streit ist oder im Beruf viel Stress ist oder eine Krankheit das Leben ganz schwer macht oder, oder, oder. Und da will ich an einem Punkt wissen, dass ich sicher bin. Dass ich neues Selbstvertrauen schöpfen kann. Als Mensch brauche ich einfach immer wieder mal Bestätigung.
Vielleicht ein bisschen seltener, aber auch nicht ganz unbekannt sind Fragen im Freundeskreis: „Hey, wir zwei sind doch dickere Freunde als ich mit dem Rest, oder?“ Oder auch in der Familie: „Mama, du hast mich doch lieber als Papa mich lieb hat, oder?“ Auch da steckt auf der Seite des Fragenden oft eine Menge Unsicherheit dahinter, manchmal aber auch der Versuch, einen Keil zwischen den, der gefragt wird und die anderen zu schieben. Und was soll man als Gefragter darauf antworten? „Klar, ich bin besser, liebevoller, verlässlicher als die anderen, als der andere?“ Es ist nicht immer leicht, der Versuchung zu widerstehen, sich gegen andere und auf Kosten von anderen in ein gutes Licht zu stellen und durch solche Fragen, Spielchen und Antworten zu profilieren. Genauso menschlich wie die Sehnsucht nach Bestätigung.
Und weil das alles so menschlich ist und so einen komischen Beigeschmack hat, kann man sich schon wundern, dass Johannes von so einem merkwürdigen Gespräch zwischen dem auferstandenen Jesus und Petrus erzählt. Hat Jesus das etwa nötig? Ist er so wenig selbstbewusst, dass er sich so Bestätigung holen muss? Will er einen Keil zwischen die Jünger treiben? Spielt er mit Petrus? Ich glaube, dass wir uns wirklich wundern müssen und wundern dürfen, wenn wir so scheinbarmenschliche Geschichten  dem Auferstandenen, in der Bibel lesen und nicht zu schnell einfach sagen: „Das ist alles doch anders gemeint!“ Die Bibel ist kein glattes Lesebuch, keine nette Lektüre für den entspannten Sommerurlaub am Meer im Liegestuhl, sondern sie ist interaktiv, wie es heute so schön heißt. Sie will anregen, Fragen zu finden, sich in Frage stellen zu lassen, Selbstverständliches nicht als selbstverständlich hinzunehmen und dabei Wahrheiten zu finden, die tiefer liegen, als es uns unsere mittlerweile oft auf oberflächliche Schönheit und oberflächliche Unterhaltsamkeit getrimmte Welt manchmal weismachen will. Die Bibel ist ein echtes interaktives Mitmachbuch, in dem es auch auf mich, meine Fragen, mein Leben ankommt. Und so ist es auch mit dieser Geschichte. Warum redet Jesus also so merkwürdig mit Petrus? Ich glaube, weil Jesus hier auch so ein interaktives Mitmachprogramm für Petrus