Liebe Konfis, liebe Gemeinde!
Ich finde, dass wir in Konfer viel zu viele Regeln hatten und haben. Als Voraussetzung für die Konfirmation sollte man jede Woche in Konfer gewesen sein oder eine Entschuldigung gehabt haben, mindestens 23 mal im Gottesdienst gewesen sein, sich weniger als vier rote Karten abgeholt haben, das Glaubensbekenntnis, das Vaterunser, den 23. Psalm und die Zehn Gebote auswendig können, mitarbeiten, nicht dauernd dazwischen schwätzen, auf das hören, was ich und die anderen Mitarbeiter sagen und, und, und… - ganz schön viele Regeln. Und für manche von euch Konfis war es gar nicht so einfach, die Regeln alle einzuhalten und für mich und die anderen Mitarbeiter war es auch nicht immer leicht, darauf zu achten, dass die Regeln wenigstens so einigermaßen eingehalten wurden. Das hat ganz schön viel Kraft gekostet. Was wäre eigentlich passiert, wenn wir gar keine Regeln gehabt hätten? Das wäre eigentlich mein ganz persönlicher Traum. Ein Konfirmandenunterricht, der keine Regeln braucht. Zumindest keine Regeln über das Auswendiglernen, den regelmäßigen Gottesdienstbesuch, das gegenseitige Zuhören, das regelmäßige Kommen. Ob der wohl funktioniert? Was würde wohl passieren?
Ich bin Realist. Ich glaube, dass Menschen Regeln brauchen. Erwachsene genauso wie Kinder und Jugendliche. Menschen brauchen Regeln, damit die Ehrlichen, die Rücksichtsvollen, aber auch die Schwächeren geschützt werden und sich entwickeln können. Aber gerade in Konfer und vielleicht auch in der Kirche und der Gemeinde überhaupt würde ich gern mal auf Regeln verzichten. Weil Regeln gerade in Konfer manchmal zu einem Missverständnis führen. Konfirmation – übersetzt heißt das ja nichts anderes als eine feste Beziehung zu Gott – Konfirmation wäre eine verdiente Belohnung dafür, dass man sich an Regeln hält. So was wäre wirklich ein Missverständnis. Eigentlich ist es eher umgekehrt – dass ich rücksichtsvoll bin, dass ich Schwächeren helfe, zu ihrem Recht zu kommen, dass ich nachfrage, was in der Bibel steht, dass ich in einer Gemeinde nicht nur für mich selber lebe, sondern Kontakte zu anderen suche, im Gottesdienst und bei andern Gelegenheiten, dass ich mich mit andere treffe, um was aus der Bibel zu hören, um zusammen zu beten, das ist alles keine Voraussetzung für eine gute Beziehung zu Gott, das ist alles nicht die Voraussetzung dafür, dass Gott einen Menschen, mich , liebt, sondern eher das Ergebnis davon, dass ich das in mir drin spüre und weiß: ich bin für Gott was wert.
Die Voraussetzung für eine gute Beziehung zu Gott ist kein perfektes oder auch nur annähernd gutes Leben, das den Regeln entspricht. Es gibt nur eine einzige echte Voraussetzung: Neugier. Den Wunsch, Jesus kennenzulernen. Alles andere kann dann erst später kommen. Wie ist das mit euch: Wart ihr neugierig
auf Jesus, als ihr mit Konfer angefangen habt? Oder seid ihr durch Konfer auf Jesus neugierig geworden? Oder habt ihr euch einfach so gut es irgendwie ging an Regeln gehalten, damit ihr konfirmiert werdet? Wir haben eben eine Geschichte aus der Bibel gehört, die von so einem neugierigen Mann erzählt. Zachäus heißt er. Er wollte Jesus unbedingt kennenlernen. Er war neugierig geworden auf diesen Mann, von dem so viel Gutes erzählt wurde. Aber Zachäus war nicht nur klein, weshalb er auf einen Baum klettern musste, wenn er Jesus sehen wollte. Er war auch jemand, der viele Regeln und Gebote nicht beachtet hat. Er hat andere betrogen, er hat gelogen, er hat Geschäft mit Leuten gemacht, mit denen man als ehrlicher Mensch besser keine Geschäfte macht. Er hat seinen Beruf ausgenutzt, um Schwächeren wirklich zu schaden. Und ausgerechnet zu so einem, der einfach nur neugierig auf Jesus ist, geht Jesus hin. Und er geht nicht nur einfach so zu ihm hin, sondern er isst und trinkt mit ihm. Ein Skandal! Der hat’s doch nicht verdient! Der glaubt doch gar nicht richtig an Gott, so wie der sich benimmt! So haben die Leute gedacht und es dann auch gesagt.
Die einzige Voraussetzung, dass Jesus sich mit Zachäus abgibt, ist die, dass Zachäus neugierig ist und Jesus kennenlernen will. Eine Beziehung zu Jesus kriege ich nicht dadurch, dass ich Regeln einhalte, sondern dadurch, dass ich Jesus dann, wenn er bei mir vorbeigeht, auch in mein Leben reinlasse.
Jesus geht zu Zachäus, obwohl der sich bis dahin an keine der Regeln gehalten hat, die für ein Leben stehen, das in dem Sinn gut ist, wie Gott Leben gemeint hat. Jesus verurteilt Zachäus nicht, sondern er nimmt ihn und seine Neugier ernst. Und dadurch kann sich bei Zachäus ein Knoten lösen. In seinem Herzen, in seinem Kopf. Zachäus ändert sich, er zahlt nicht nur das zurück, was er durch Betrug unrechtmäßig bekommen hat, sondern viel mehr. Er wird großzügig. Vielleicht auch deshalb, weil er selbst erlebt hat, wie großzügig Jesus ist. Jesus kommt zu Zachäus, bevor er die Regeln einhält, einfach nur, weil der neugierig auf Jesus ist. Und das ändert sein Leben.
Wie wäre es also, Konfer ohne Regeln? Würde das funktionieren? Vielleicht habe ich einfach zu viel Angst davor. Angst, dass diejenigen, die gern mitmachen, die gern auch als Konfis in die Gottesdienste gehen, von anderen als Loser hingestellt werden und den Spaß vielleicht auch verlieren. Oder Angst davor, dass ich nicht so großzügig bin, wie Jesus das ist. Aber vielleicht könnt ihr, die Noch-Konfis, mir ja dabei helfen, ein Stück voranzukommen auf dem Weg zu Konfer, wie es sein soll – nicht als Abarbeiten von Regeln, sondern als Gelegenheit für Neugierige, Jesus zu begegnen oder als Zeit, die überhaupt erst neugierig auf Jesus macht. Und die so Menschen wirklich berühren und verändern kann. Vielleicht könnt ihr mir helfen, weniger ängstlich auf diesem Weg zu sein. Indem ihr mir weiter von euren Erfahrungen erzählt und anderen Jugendlichen Mut macht, neugierig zu werden. Vielleicht erleben wir dann auch Dank eurer Hilfe auf dem Richtsberg Konfer mal ganz neu. Weil die Begegnung mit Jesus Menschen verändert, Menschen neu macht. Konfer ohne Regeln, sondern mit ganz vielen neugierigen Menschen – vielleicht wird ja dieser Traum wahr. Mit Gottes Hilfe. Und durch eure Hilfe.
Amen.
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