Predigt Abendmahlsgottesdienst 2009
Schriftlesung: Lk 15,11-32
Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Eltern und Verwandte, liebe Gemeinde!
Wer von den Konfis hat es denn überhaupt verdient, konfirmiert zu werden? Vielleicht wäre Konfer ja witziger, wenn wir eine Konf-Casting-Show daraus machen würden. Richtsbergs next Topkonfi oder Richtsberg sucht den Superkonfi. Und zu solchen Castingshows gehört es ja auch, dass manchmal die Kandidaten gefragt werden, wen sie denn rauswerfen würden, wer es ihrer Meinung nach nicht verdient hat. Könnte ich ja mal versuchen - vielleicht würde ja auch jemand sich selbst rauswerfen, vielleicht andere, die es seiner oder ihrer Meinung nach nicht verdient haben. Wer von euch hat’s verdient - konfirmiert zu werden und wer hat verdient, dass für ihn oder für sie eine Feier ausgerichtet wird, die von einem selbst nicht bezahlt wird und zu der man auch noch Geschenke kriegt? Mal ehrlich!
Wollt ihr wissen, was ich denke, wer es verdient hat? Ich sag’s euch gern und ehrlich - KEINER! Keine Angst, ich kann euch und eure Eltern beruhigen! Ich schmeiß jetzt keinen mehr raus heute Abend, ihr werdet morgen konfirmiert. Wenn ihr selber morgen „Ja“ dazu sagt, wenn ich euch frage. Keiner hat’s verdient, weil es eben nichts ist, was man sich verdienen kann. Viele haben sich an die meistens Regeln gehalten, waren eigentlich immer da, haben, so gut sie konnten, das gelernt, was zu lernen war und waren in den Gottesdiensten und haben da sogar, so wie heute Abend ja auch, das ein oder andere gemacht. Manche haben meine Geduld da etwas mehr strapaziert. Aber ich will jetzt heute Abend keine Noten geben und von gestern erzählen. Denn genau das ist ja der Clou an der Geschichte, die ihr eben aus der Bibel vorgelesen habt, der Geschichte vom verlorenen Sohn. Die räumt auf mit unseren Vorstellungen davon, dass man sich alles verdienen muss und dass das Leben und vor allem der Glauben an Gott und die Kirche als Gemeinschaft der Menschen, die an Gott glauben, ein System von sich was verdienen müssen und dann dafür belohnt werden ist. Ich glaube, in unserem Alltag verstehen die meisten von uns den älteren Sohn in der Geschichte am besten. Der kleine Bruder hats doch selbst vergeigt. Der hat seine Chance gehabt, hat das Geld zum Fenster rausgeschmissen, Alkohol, Drogen, Frauen, dem war die Familie und der Hof egal. Der hats nicht verdient, dass für ihn ein tolles Fest ausgerichtet wird und dass er auch noch Geschenke kriegt. Der ältere Bruder hat doch Recht, wenn er sauer ist. Er schuftet sich ab, hält sich an die Regeln und dann wird der Vater weich und knickt ein. Aber ich finde nicht, dass der Vater hier einknickt. Der jüngere Sohn stellt nämlich keine Ansprüche. Er will einfach nur da sein dürfen, er will dazu gehören, und wenn’s am allerniedrigsten Platz ist. Er weiß, dass er es vergeigt hat und dass er das auch nicht auf die Umstände, die Schule, die Gesellschaft oder irgendjemand anders schieben kann. Und der Vater merkt das. Er merkt, dass der Wille da ist, neu anzufangen und er gibt eben die Chance, wieder richtig dazuzugehören. Einfach so. Nicht als Verdienst, sondern aus Liebe. Jesus erzählt die Geschichte, weil er klar machen will, wie Gott mit Menschen umgeht. Dass die Menschen sich die Liebe nicht verdienen können, dass Gott nicht nach Verdiensten bezahlt, sondern seine Liebe darauf wartet, dass Menschen zu ihm kommen wollen. Auch wenn sie es nach Ansicht von anderen nicht verdient haben. Gottes Liebe kann man nicht verdienen. Sie ist da. Man kann sie nur annehmen. Und deshalb finde ich es schwierig, wenn Menschen in der Kirche sagen: du musst dir was verdienen, zum Beispiel, dass du dazugehörst. Konfirmation, das Zeichen dafür, sozusagen erwachsen zur Gemeinschaft mit Gott zu gehören, kann man sich nicht verdienen. Deshalb hats von euch auch keiner verdient. Man kann sie nur wollen. Auch die, die sich nicht immer leicht damit getan haben, die Regeln, die ja auch dazu da sind, den gegenseitigen Respekt auszudrücken, einzuhalten, haben am Ende sich immer wieder aufgerafft und gezeigt, dass sie das wollen. Wie ernst und wie ehrlich das jeder einzelne meint - das kann ich nicht beurteilen. Ich kann jedem nur bis vor den Kopf und vor das Herz schauen. Lügen, Unehrlichkeit, das muss jeder mit sich selbst und mit Gott ausmachen. Nicht nur wenn’s um die Konfirmation geht. So, wie der jüngere Sohn auch dann, wenn man’s total vergeigt hat, ehrlich bleiben - das ist etwas, was ich nicht nur euch Konfis, sondern uns allen wünsche, dass wir das schaffen. Und dass wir es schaffen, auch zuzugeben, wenn wir versagt haben. Und den Mut haben, einen Neuanfang in die Hand zu nehmen und zu wagen. Und die Chance zum Neuanfang kriegen. Von Gott und von andern Menschen. Deshalb gehört gleich auch ein Sündenbekenntnis zum Gottesdienst. Keiner wird gezwungen, sich vor anderen dabei lächerlich zu machen oder Peinliches zu sagen. aber es ist eine Chance, ehrlich zu sich selbst und zu Gott zu sein. Und das Abendmahl ist das äußere Zeichen dafür, dass Gott uns einlädt, wirklich zu feiern, mit ihm, miteinander, die Liebe zu feiern, auch wenn wir nicht perfekt sind. Verdienen kann man sich das nicht. Nur annehmen und leben. Und deshalb habt ihr die Konfirmation nicht verdient - und ich konfirmiere euch gern. Nicht, weil ich euch loswerden will und froh bin, wenn ich euch nicht mehr sehen muss, sondern weil ich finde, dass ihr dazugehört und dass ich ein Stück ärmer wäre, wenn ich euch nicht kenne würde und dass sowohl unserer Gemeinde als auch der Gemeinschaft aller Christen ohne euch was fehlen würde.
Amen
Predigt Konfirmation 09, 26.04.09,
Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Eltern, Paten, Großeltern, Verwandte und Freunde, liebe Gemeinde!
Warum steht eigentlich eine Leiter hier vorne rum? Der Hausmeister hat nicht vergessen, die wegzuräumen. Sie steht hier, weil man da prima draufklettern kann. Und von hier oben sieht die Welt schon ganz anders aus. Man hat einen prima Überblick. Ich sehe viel besser, wer alles da ist. Ich sehe, wer vielleicht gerade Dummheiten macht und nicht aufpasst. Und außerdem: Wenn man oben steht, müssen alle zu einem aufschauen. Nicht umsonst steht ja auch bei Siegerehrungen der Erste immer ganz oben. Aber wer oben ist, kann auch leicht runterfallen. Kommt immer auf den Blickwinkel an, ob das gut ist oder schlecht, oben zu stehen. Auf alle Fälle kriegt man neue Einsichten, wenn an oben steht. Ich komm aber mal wieder runter. Und räum auch gleich die Leiter aus dem Blickfeld, damit sie nicht den Blick auf das Wesentliche, das gleich sein wird, verstellt.
Auf den Blickwinkel kommt’s an, auf die Einsichten und Erkenntnisse, die man gewinnt. Oben hat man einen guten Überblick, sieht viel, aber oben ist man auch einsam. Mittendrin ist es doch viel kuschliger. Da kann man sich ein bisschen verstecken, kann sehen, wie sich vorne einer oder eine abhampelt. Man sieht, wird aber nicht so gut gesehen. Und man gehört irgendwie dazu, wenn man mittendrin sitzt. Auch nicht schlecht. Aber heute merke ich: heute gehöre ich nicht hierhin. Das ist nicht mein Platz. Ich sehe ein, dass ich heute vielleicht doch auf der Kanzel stehen sollte. In einem Konfirmationsgottesdienst gehört sich das so. Auch wenn Dirk oder Jacqueline oder Bianca oder Aline oder jemand von den anderen wieder sagen, dass ich sowieso immer viel zu lang rede und eine von den Michelles oder Alex vielleicht zu Recht sagen: „Sie reden mal wieder viel zu kompliziert.“ Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung. Der erste Schritt - und nicht das Ende des Wegs.
Für mich ist deshalb die Konfirmation heute auch kein Schlusspunkt, nichts, mit dem etwas endgültig fertig wäre. Klar, die Zeit, in der ihr am Dienstagnachmittag hier sein musstet, ist vorbei. Auch die Zeit, in der ich drauf achte, wie oft ihr in den Gottesdienst kommt. Ich freue mich natürlich, wenn ich euch nicht nur in der Schule oder beim Rewe sehe, sondern auch mal sonntags hier. Aber die Zeit, in der das nicht immer so ganz freiwillig ist, die ist vorbei. Trotzdem ist die Konfirmation für mich kein Schlusspunkt, sondern höchstens eine Erholungspause auf dem Weg, sich zu dem Menschen zu entwickeln, der man im Guten sein kann. Man entwickelt sich durch die Einsichten und Erkenntnisse, die man im Leben entwickelt und bekommt. Man entwickelt sich durch die Fähigkeit, auch mal neue Sichtweisen auszuprobieren und dadurch auch das, von dem man glaubt, man kennt es ganz genau, mal ganz neu und anders zu sehen. Ich habe deshalb auch für heute keinen langen Bibeltext für die Predigt ausgesucht, sondern einen einzigen Vers: „Herr, lehre mich heilsame Einsicht und Erkenntnis, denn ich traue deinen Geboten.“ Das ist eigentlich das, was ich euch wünsche, was euch die Konfirmandenzeit gebracht hat: dass ihr Einsichten und Erkenntnisse bekommen habt, die euch gut tun und die euch ein Stück weiter gebracht haben. Natürlich habt ihr nichts erfahren, was unmittelbar für einen Schulabschluss oder einen Beruf unbedingt wichtig wäre. Aber ich glaube schon, dass mindestens ein paar von euch was erlebt haben: zum Beispiel, dass es gar nicht schlimm ist, mal den Blickwinkel zu tauschen und vorne zu stehen, statt immer nur mittendrin zu sitzen. Sogar heute, wo viele Verwandte und Freunde da sind, stellen sich ein paar von euch hier hin, zeigen sich, lesen etwas, tragen etwas vor. Ich finde das wichtig. Sich was zu trauen. Zu wissen: Ich kann was, ich bin was wert. Ich hoffe, dass auch sie als Eltern oder Verwandte oder ihr als Freunde durch die Konfirmandenzeit oder den Gottesdienst heute manche neue Einsicht oder manchen überraschenden Einblick bekommen habt. Manche, die im Moment in der Schule oder in anderen Bereichen ganz große Schwierigkeiten haben, haben immerhin Konfer durchgehalten und sich immer wieder aufgerafft, auch nach Tiefpunkten. Auch das finde ich eine wichtige Erkenntnis. Dass eben niemand nur so ist, wie ich ihn kenne - als Pfarrer, als Eltern, als Freundin oder Freund, sondern auch andere Seiten hat und haben kann. Oder dass man, auch wenn man sich dienstags wenig oder nichts zu sagen hat, in Fulda zusammen Spaß haben kann. Und wenn’s bei der nächtlichen Suche nach „Geldbeuteln“ ist, gell, Christian. Nein, im Ernst: Ich wünsche euch als bald Konfirmierte, ihnen als Eltern, Familien, Freunde, mir als Pfarrer, uns allen als Gemeinde, dass die Bitte, die heute auf dem Gottesdienstblatt steht, wirklich eure, ihre, unsere, meine Bitte wird: „Herr, lehre mich heilsame Einsicht und Erkenntnis.“ Gott, hilf mir nicht blind zu werden. Hilf mir, nicht immer nur das zu sehen, was ich sehen will und kenne, sondern hilf mir, Leben neu zu erkennen und neu zu entdecken. Hilf mir, das für mich Gute zu finden und nicht in Sachen, Meinungen und so weiter festzustecken, die mich gefangen nehmen und krank machen. Dazu braucht es Begleiter, die einem helfen, hinzuschauen. die einem manchmal auch helfen, das auszuhalten, was man nicht gern sieht. Die einem auch mal über Zweifel hinweg helfen. In der Geschichte aus der Bibel, die Frau Pieh eben vorgelesen hat, ging es ja um Thomas, der einfach etwas Greifbares für seinen Glauben brauchte. Der seine Zweifel hatte. Ich finde es wichtig, dass auch solche Geschichten in der Bibel stehen. Glauben hat nicht damit was zu tun, unmögliche oder unwahrscheinliche Dinge für wahr zu halten. Glauben heißt, dass ich weiß, dass es Wege gibt, die gut sind, auch wenn ich sie manchmal nicht sehen kann. Dass ich ehrlich sein darf. Auch zu mir selbst. Dass ich auch Angst und Zweifel haben darf und daran nicht kaputt gehe. Und da ist es wichtig, nicht allein zu sein. Und manchmal auch mehr zu haben als die Menschen, die sowieso um einen herum sind. Das drückt sich auch in manchen von den Konfirmationssprüchen aus, die ihr euch ausgesucht habt. Jacqueline und die beiden Michelles haben sich einen Spruch ausgesucht, der davon erzählt. Von dem Vertrauen, dass es auch Begleitung durch Gott gibt, wenn Menschen nicht greifbar sind. Davon, das es zum Leben gehört, einen oft unbekannten Weg zu gehen und davon, dass es gut ist, wenn manchmal einer von oben den Überblick behält und die Übersicht über das hat, was ich nicht sehe. In der Sprache der Bibel sind Engel, Boten Gottes, diese Begleiter und ihr Spruch heißt: Siehe, ich sende einen Engel vor dir her, der dich behüte auf dem Wege und dich bringe an den Ort, den ich bestimmt habe.
Dass es auf diesem Weg nicht immer einfach zugeht und dass ich auch als Getaufter und Konfirmierter Zeiten habe, in denen ich mich schlecht fühle, dass aber Gott einen auch da nicht allein lässt, davon erzählt der Spruch, den Dirk sich ausgesucht hat: Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. Von dem Selbstbewusstsein, mit dem wir durchs Leben gehen können, weil wir sehen dürfen, dass wir geliebt werden und uns was zugetraut wird, erzählen die Sprüche von Alex Ihr seid das Salz der Erde und Natalia Ihr seid das Licht der Welt. Ihr seid teuer erkauft, werdet nicht der Menschen Knechte. Aus diesem Selbstbewusstsein kann der Mut entstehen, Gutes an andere weiterzugeben, wovon die Sprüche von Karina Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit und Bianca Lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit erzählen. Das alles kann deshalb klappen, weil es ein sicheres Fundament gibt, eine Grundlage, auf die wir bauen können: die Liebe Gottes. Davon erzählen die Sprüche Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; die Liebe ist aber die Größte unter ihnen, ausgesucht von Aline und Maxim, und Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm, ausgesucht von Christian. Zur Liebe, zum Fundament gehört auch mit dazu, dass wir wissen können, wo wir dran sind, was gut ist und Leben vorwärts bringt und was dem Leben schadet. Neue Einsichten gewinnen wir dann, wenn wir uns orientieren können und nicht in völliger Orientierungslosigkeit mal hierhin und mal dorthin gucken und nicht wissen, was los ist. Deshalb heißt es ja auch: Herr, lehre mich heilsame Einsicht und Erkenntnis, denn ich traue deinen Geboten. Menschen brauchen einen festen Grund, von dem aus und auf dem sie ihren Standpunkt finden und immer wieder überprüfen und neue finden können. Gottes Gebote wollen kein Gefängnis sein, sondern eine Einladung, im Guten auf Entdeckungsreise zu gehen, Höhenflüge zu machen, für andere vielleicht auch zu Engeln, Boten der Liebe Gottes zu werden. Wir dürfen oben stehen, herausgehoben sein, aber auch mal die Freiheit haben, einfach nur mittendrin zu sein. Gott lässt uns leben - nicht in einem Gefängnis, sondern auf einem Weg voller Möglichkeiten und Entdeckungen. Davon erzählt der Spruch von Claudius: Wo der Geist Gottes ist, da ist Freiheit. Diese Freiheit, die hilft, mehr Leben zu entdecken und sich selbst, die Menschen und Gott zu lieben, die wünsche ich euch und uns allen. Amen
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