Text: 1. Johannesbrief 3,1+2
Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch! ; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen aber: wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.
Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Eltern, Paten, Großeltern, Verwandte und Freunde, liebe Gemeinde!
Pech im Spiel - Glück in der Liebe! Oder, zum Trost für alle unglücklich Verliebten: Pech in der Liebe, Glück im Spiel! Stimmt das eigentlich? Hat Liebe etwas mit Spielen zu tun? Manchmal kommt es mir so vor. Aber nicht so, wie es diese Sprichwörter einem vormachen. Eher umgekehrt. Ich weiß nicht, wer von euch schon mal gepokert hat. Beim Pokern und auch bei anderen Kartenspielen kommt’s drauf an, die Nerven zu behalten. Auch wenn man schlechte Karten hat nicht gleich alles hinzuwerfen, sondern den anderen dazu zu bringen, dass er glaubt, man hätte gute Karten. Man blufft und taktiert. Und am Ende gewinnt nicht unbedingt der mit den besten Karten sondern der, dessen Bluffs man am wenigsten durchschaut. Manchmal habe ich das Gefühl, dass das nicht nur im Kartenspiel so ist. Da kriegt nicht immer der netteste Kerl die schönste Frau ab oder umgekehrt. Nur dass es dann noch viel mehr weh tun kann, wenn man zu spät merkt, dass der oder die andere ganz schön geblufft hat und man nicht den Typen mit den besten Karten, sondern eine Null, die gut blenden kann, erwischt hat. Die Liebe ist ein seltsames Spiel. Die meisten von euch spielen ja gern Playstation und da Spiele mit viel Action. Spiele, in denen man mit Autos durch die Gegend jagt, die man sich im wirklichen Leben nicht leisten kann oder sich in Rollen versetzt, die auch nicht das sind, was man wirklich ist. Es macht Spaß, im Spiel mal ein ganz anderer zu sein. Es macht Spaß, spielerisch besser als andere zu sein. Aber wenn es im richtigen Leben, und gerade dann, wenn’s um Liebe geht, darum geht, anderen was vorzumachen und andere zu besiegen, dann wird’s traurig. Weil ich am Ende nicht mehr weiß, auf was und wen ich mich eigentlich verlassen kann. Liebe ist dann schön und gut, wenn sie zwar spielerisch leicht ist, aber kein Spiel bleibt. Wenn ich wissen kann, dass da nicht geblufft und taktiert wird, wenn es nicht ums Gewinnen geht, sondern wenn ich weiß: Ich bin gemeint. Deshalb habe ich für die Konfirmation heute einen Predigttext ausgesucht, der für mich genau das ausdrückt: Ich bin gemeint. Mir ist es Ernst mit meiner Liebe zu dir. Der erste Teil des Predigttextes steht außen auf dem Gottesdienstblatt. „Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch!“ So heißt der erste Vers im 3. Kapitel des 1. Johannesbriefs. Gottes Liebe macht uns zu seinen Kindern, seine Liebe macht uns liebenswert. „Wir sind es auch!“ Mir ist gerade diese Bestätigung wichtig. Vor allem heute, bei der Konfirmation. Wir sind geliebte und liebenswerte Kinder Gottes. Wir - und zu diesem „Wir“ gehört ihr Konfirmandinnen und Konfirmanden, gehören Mütter, Eltern, Menschen, die begleiten mit dazu. Es hilft mir als Pfarrer schon manchmal, wenn ich mir sage: „Ihr seid es! Ihr gehört zu Gott, Gottes Liebe gehört euch - auch wenn ihr nicht immer so gewesen seid, wie ich euch gern gehabt hätte. Auch wenn die eine manchmal schon am Anfang der Stunde gefragt hat, wann denn nun endlich alles vorbei ist, die andere ihren Frust über die Schule lautstark abgelassen hat und der dritte sich gern mal mehr oder weniger freundschaftlich mit seinem Nachbarn geprügelt hat. Ihr seid es. Gott meint es ernst mit seiner Liebe zu euch - und ihr habt das Recht auf eine Beziehung zu Gott, die anders ist als das, was ich will.“ Gott meint es ernst mit seiner Liebe zu uns. Ich glaube, das kann auch zwischen Eltern und Kindern gut sein, wenn man sich das gegenseitig immer wieder klar macht. „Du bist es. Du bist geliebt, gewollt, ich kann hoffen, dass Gott dir einen guten Weg zeigt, auch wenn ich dich im Moment überhaupt nicht verstehe und das Gefühl habe, dich gar nicht mehr zu kennen. Gott meint es Ernst mit seiner Liebe zu dir und ich meine es Ernst mit meiner Liebe zu dir, auch wenn du das im Moment nicht so siehst.“ Wer könnte das zu wem sagen? Eine Konfirmandenmutter zu ihrer Tochter? Ein Konfirmand zu seiner Mutter? Ich glaube, beides könnte hoffentlich gehen. Gerade wenn man auf dem Weg ist, erwachsen zu werden, gibt’s die Augenblicke, die manchmal ziemlich lang dauern, in denen man sich ganz fremd vorkommt. In denen Eltern ganz viel Angst davor haben, dass ihr Kind völlig falsche Entscheidungen trifft und in denen Jugendliche das Gefühl haben, dass Erwachsene sie überhaupt nicht verstehen und nur gängeln wollen. Da kann es gut tun, zu wissen, dass es da einen gibt, der für mich da ist, dessen Kind ich bin und der auch für den anderen - das Kind, den Vater, die Mutter - da ist, von dem ich das Gefühl habe, dass meine Liebe ihn oder sie im Moment nicht erreicht. Seht, welch eine Liebe hat uns Gott, der Vater, erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch! Seine Liebe ist kein Spiel. Damit ihr eure Lust am Taktieren und Bluffen, am Gewinnen und Ausprobieren nicht in der Liebe, sondern im Spiel austoben könnt, bekommt ihr nachher dieses Spiel auch geschenkt. Damit Liebe spielerisch bleibt ohne zum Spiel zu werden.
Aber der Predigttext geht noch ein bisschen weiter. Im zweiten Vers heißt es: Es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen aber: wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist. Da ist es wieder, das Gefühl, sich selbst, das Leben und vor allem auch Gott manchmal gar nicht so richtig zu kennen. Das ist normal und gar nicht so schlimm Obwohl es Zeiten im Leben gibt, in denen der Durchblick fehlt, wirst du das wahre, gute und richtige Leben, Gott selbst und dich erkennen. Du wirst erkennen und leben, was Liebe wirklich ist, denn, und das steht an einer anderen Stelle in diesem Brief und das ist in diesem Jahr der Konfirmationsspruch von Jana, Jaqueline, Arthur und Georg: „Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“ Wir gehen im Leben nicht immer den geraden und richtigen Weg, sondern manchmal wie in einem Irrgarten oder Labyrinth ziemlich viele Umwege. Manchmal sind wir ganz schön weit weg vom Entscheidenden, von der Liebe. Aber gerade dann können wir uns darauf verlassen, dass Gott es ernst mit uns meint und uns helfen wird, zum Ziel zu kommen. Als Zeichen dafür bekommt ihr noch ein weiteres Geschenk. Ein Kreuz mit einem Labyrinth drauf. Ich weiß, dass die meisten von euch lieber klassische Kreuze mögen. Aber ich finde dieses Zeichen eigentlich besonders schön. Das Kreuz als Zeichen dafür, dass die Liebe Gottes stärker ist sogar als der Tod. Als Zeichen dafür, dass Gott nicht wegläuft, dass seine Liebe und Zusage hält, auch wenn alle Menschen mit einem nichts mehr zu tun haben wollen und selbst die, von denen man dachte, dass sie gute Freunde sind, weg sind. Das Kreuz als Zeichen für eine Liebe, die keine Spielerei ist, sondern die Ernst macht mit den Worten: „Ich liebe dich“ „ja ljubljú tebjá“ „je t’aime“ „I love you“. Und das Labyrinth als Zeichen dafür, dass wir die Hoffnung haben dürfen, zum Ziel zu kommen, auch wenn wir nicht immer den direkten Weg gehen. Das Gott zu uns hilft und uns zeigt, was das Leben gut macht: Lieben, Frieden halten und suchen, Vergebung annehmen und Vergebung schenken. Vertrauen geben und vertrauen können. Hoffnung haben. Glauben. Ich wünsche nicht nur den Konfirmandinnen und Konfirmanden und denen, die zu ihnen gehören, sondern uns allen, dass der Ernst des Lebens nichts Drückendes und Trauriges wird, sondern dass die Liebe der Ernstfall ist. Dass wir nicht mit Menschen spielen, aber die Lust am Spielerischen behalten, dass wir, mit Gottes Hilfe und durch seine Liebe, das Leben immer wieder auch mal leicht nehmen können.
Amen
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