Text: 1. Korinther 12,4-11
Liebe Gemeinde!
(Zu den Fragen die Betreffenden jeweils bitten, aufzustehen) Wer kann Russisch sprechen? Wer kann Englisch sprechen? Wer kann Französisch sprechen? Wer eine andere Sprache außer Deutsch? Wer spielt ein Musikinstrument? Wer ist einigermaßen sportlich? Wer kann kochen? Wer backt gern? Wer ist ganz gut im Gärtnern? Handwerklich geschickt?
Ich könnte jetzt noch lange weiterfragen, wahrscheinlich würden immer wieder welche aufstehen, wenn sie sich trauen. Wenn wir so als Gemeinde zusammenkommen, auch nur die paar Leute aus unserer Gemeinde, die gern und regelmäßig Gottesdienst feiern, dann sind schon viele Fähigkeiten, Gaben und Talente da. Als ich vor ein paar Monaten hier auf den Richtsberg gezogen bin und mich mit meinen Konfis unterhalten habe, da haben mir manche erzählt: „Wenn man auf einer weiterführenden Schule erzählt, dass man vom Richtsberg kommt, dann wird man oft schon ein bisschen komisch angeguckt und da denken dann manche: die können nicht viel!“ Und jetzt hier, in der Gemeinde, da tauchen dann viele verschiedene Dinge auf, die Menschen, alte und junge, wirklich gut können. Tolle Sache!
Manchmal wollen wir gar nicht wahrhaben, wie viel wir eigentlich können. Weil entweder wir selbst uns eine Art Rucksack packen oder wir für andere einen Rucksack packen. Da wird dann alles reingepackt, was es gibt, damit man möglichst perfekt ist. Als Mensch im Allgemeinen und als Christ in der Gemeinde. Der Rucksack ist übervoll und oft kaum zu tragen. Was da alles so drin ist! Man soll in der Bibel Bescheid wissen. Am Besten das Alte und das Neue Testament im Original lesen. Man soll künstlerisch begabt sein. Musikalisch. Handwerklich geschickt und hilfsbereit. Gut kochen können und gern backen. Musikalisch. Sportlich. Gut mit Geld umgehen…. Der Rucksack kann gar nicht groß genug sein. Es fällt einem immer noch was ein, was man können und machen sollte. Jetzt ist der Rucksack leer - und man kriegt das ganze Zeug gar nicht wieder rein. Muss man ja auch gar nicht! Gerade zu Pfingsten dürfen wir feiern, dass keiner alles haben und alles können muss, dass aber aus den vielen verschiedenen Einzelteilen und einzelnen Begabungen kein großes Chaos, sondern eine Gemeinschaft, die mit den ganzen Unterschieden, die sie hat, ein großes, buntes, zusammenhängendes Bild zeigt, dass von Gott so gewollt und sozusagen als buntes Bild gemalt worden ist. Paulus schreibt dazu im 1. Korintherbrief im 12. Kapitel:
Lesen 1. Kor 12,4-11
Und so, wie es eben verschiedene Gaben gibt, gibt es auch verschiedene Aufgabenbereiche. Ämter nennt Paulus sie. „Es sind verschiedene Ämter, aber es ist ein Herr.“ Der Kirchenvorstand steht nicht über dem normalen Kirchenvolk, der Pfarrer nicht über dem Kirchenvorstand und der Bischof nicht über allem, und der Papst erst recht nicht. Es ist gut, dass es verschiedene Aufgabenbereiche gibt. Und es ist auch gut, dass man sich abspricht und klarmacht, wer für was Verantwortung hat. Und es ist auch nicht schlimm, wenn die einen viel und die anderen nicht so viel Verantwortung haben. Aber HERR ist nur einer. Vor ihm, vor Gott, durch dessen Geist wir leben, sind wir gleich wertvoll und gleich wichtig. Gerade weil wir unterschiedlich sind, unterschiedliche Aufgabenbereiche, Fähigkeiten und Verantwortungen haben. Eine alleinstehende Mutter, die mit viel Mühe für ihr Kind sorgt, ein älter gewordener Sohn, der sich um seine verwirrte und kranke Mutter kümmert - Warum sollten diese Ämter, wie Paulus sie nennt, diese Aufgabenbereiche, weniger wichtig sein als Pfarrer, Bischof oder Papst? Und bei dem allen gilt auch: Nicht jeder wird das Gleiche können. Auch die Kräfte und Möglichkeiten, etwas zu tun, sind nicht gleich. Gerade im Geist Gottes müssen wir uns immer wieder deutlich machen, dass Menschen gleich wichtig und gleich wertvoll sind, auch wenn sie alles andere als gleich sind. Sie sind nicht gleich stark, nicht zum Gleichen fähig, sie müssen und können auch nicht immer das Gleiche wissen, denken, fühlen und glauben. Wichtig ist, dass man die Ungleichheit nicht gegeneinander ausnutzt, sondern die ungleichen Fähigkeiten, die Gottes Geist schenkt, zusammenbringt und zusammen nützt. „In einem jeden offenbart sich der Geist zum Nutzen aller“, so drückt es Paulus aus. Und gerade im Bezug auf das Zusammenleben in der Gemeinde und auf Fähigkeiten, die eher geistliche und geistige sind, macht Paulus deutlich, dass es da im Sinne Gottes kein Oben und Unten, kein wichtig und unwichtig gibt. Dem einen ist’s gegeben von der Weisheit, dem anderen von der Erkenntnis zu reden. Weisheit, das hat viel mit praktischer Lebensklugheit zu tun, Erkenntnis eher mit Wissenschaft. Beides ist wichtig, aber keiner muss unbedingt beides zugleich sein, um wichtig zu sein. Erstaunlich finde ich, dass Paulus auch schreibt: „einem anderen ist Glaube gegeben in demselben Geist, einem andern die Gabe, gesund zu machen.“ Auch der glaube ist kein Verdienst langer und tiefschürfender Übungen, sondern ein Geschenk. Und scheinbar ist es auch für Gott in Ordnung, wenn nicht bei jedem und in jeder Lebenszeit der Glauben immer gleich stark und gleichgerichtet ist. Natürlich ist Glauben an Gott Grundvoraussetzung der christlichen Gemeinde. Aber es ist, auch im Sinn der verschiedenen Geistesgaben, völlig in Ordnung und für die Gemeinde belebend und bereichernd, wenn Menschen verschiedene Formen finden, ihren Glauben zu zeigen und zu leben. Dorns anders als Frau Eckhardt und Frau Brandenburger anders als Frau Oberländer. Manche sind eben auch im Glauben eine Art Vorbild, an dem sich andere orientieren können, andere haben andere gute Gaben. Wie vielleicht die Gabe, zur Gesundheit anderer beizutragen. Ich persönlich tue mich schwer, wenn es um Heilungen in Gottesdiensten geht. In vielen Pfingstgemeinden ist gerade das etwas Wichtiges: Das Menschen geheilt werden. Ich finde, dass Gebete ärztliche Kunst nicht ersetzen können und kein automatischer Gesundmacher da sind, wo Medikamente und Operationen versagen. Aber ich glaube auch, dass es wichtig ist, Gebet und Glaube nicht gering zu schätzen, wenn es ums gesund werden geht. Gerade die Aufzählung dieser Gabe des Gesundmachens als Geistesgabe macht auch deutlich, dass es Gott in seiner Leben schaffenden Kraft, dem Geist, nicht nur ums geistliche Wohl geht. Christliche Gemeinschaft ist immer auch dazu aufgerufen, sich mit den ganz konkreten Lebensumständen von Menschen zu befassen und sie, mit Gottes Hilfe, zu verbessern. Gottes Wille ist es, dass das Leben für alle gut wird.
Es geht nicht darum, mit seinen eigenen Gaben und Fähigkeiten möglichst zu glänzen, andere auszustechen und am Ende als der Beste, Angesehenste oder Größte dazustehen, sondern die eigenen Möglichkeiten zu entdecken und sie nicht nur für sich selbst, sondern für das Miteinander zu gebrauchen. Für ein Miteinander, das uns von Gott geschenkt ist. Du kannst was. Und mit dem, was du kannst, bist du wichtig. Das ist die Botschaft von Pfingsten. Du bist wichtig und wertvoll. Mit dem, was DU kannst. Und weil andere anderes können, musst du dich nicht für alles allein verantwortlich fühlen und es hängt auch nicht alles von dir allein ab. Es ist nicht schlimm, etwas nicht zu können. Es ist nur schlimm, zu glauben, nur dann gut zu sein, wenn man alles allein kann. Und es ist schlimm, wenn man aus Angst, nicht zu gelten, nur auf das schaut, was man nicht kann und darüber das übersieht, was man kann. Gottes Geist befreit zum Leben. Zum Leben als von Gott gewollter, geliebter Mensch. Mit ganz eigenen, wichtigen Fähigkeiten - und Lücken dabei. Zum Leben als Mensch in der Gemeinschaft mit anderen von Gott gewollten und geliebten Menschen, die in seinem Geist verbunden sind. Zum Leben als Mensch in Gemeinschaft mit Gott. Gehalten, gewollt auch da, wo eigene Fähigkeiten und eigene Kraft nicht reicht.
Amen
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