Predigt Pfingstsonntag 13, 18.05.13, Reihe II Pfingstmontag
Text: 1. Kor 12,4-11
Liebe Gemeinde!
Hamburg, Fischmarkt, bei Aal-Paul: „Kommen sie näher, kommen sie ran! Diese schöne Scholle hier gibt’s heute für nur 15 Euro! Und wissen sie was, ich pack ihnen für 15 Euro nicht nur die Scholle ein, heute gibt’s auch noch diese Heringe dazu! Und nur heute, und nur weil Feiertag ist, pack ich auch noch zwei leckere Räucherforellen dazu! Und, gute Frau, weil sie so schön lächeln, gibt’s dann noch den Räucheraal gratis! Kommen sie näher, kommen sie ran, nur heute hier beim Aal-Paul: Diese schöne Scholle und die Heringe und die Räucherforellen und den Räucheraal und hier und heute noch dazu eine Portion leckerer Nordseekrabben und das alles in einer Tüte und für nur 15 Euro! Sonst kostet allein schon die Scholle so viel! Greifen sie zu!“ Natürlich wissen die meisten, dass der Fischhändler schon vorher die Preise für alles kalkuliert hat und er mit den 15 Euro auf seine Kosten kommt und nichts zu verschenken hat. Aber es ist ein gutes Gefühl, ganz viel eingepackt zu bekommen und zu glauben, man bekäme dabei ganz viel geschenkt. Beim Telefonieren mit den heute üblichen Flatrates ist das ja ähnlich. Einmal bezahlt – und schon kann man so oft, wie man will, telefonieren, SMS schreiben und im Internet surfen und hat das Gefühl, ein Schnäppchen zu machen. Natürlich haben auch die Telefongesellschaften nachgerechnet. Damit wenige ein Schnäppchen machen, bezahlen viele eigentlich zu viel, aber es ist halt ein schönes Gefühl, ganz viel eingepackt zu bekommen. Obwohl wir eigentlich wissen, dass es nichts geschenkt gibt, nutzen wir das trotzdem mit dem Gefühl, etwas geschenkt bekommen zu haben.
Komischerweise scheint das aber dort, wo wirklich was verschenkt wird, gar nicht so gut zu funktionieren. Paulus schreibt der Gemeinde in Korinth davon, wie viel der eine Gott verschenkt. Es gibt ganz viele und ganz unterschiedliche Begabungen, ganz viele und ganz unterschiedliche Ämter, die Menschen ausüben und ganz viele und unterschiedliche Kräfte und Möglichkeiten. Aber in allem wirkt der Geist des einen Gottes. In allem ist Gott selbst am Werk. Ganz viel wird eingepackt in die große Gemeinschaft der Menschen, die sich auf Jesus berufen und die auf Gott vertrauen – und manchmal habe ich bis heute den Eindruck, dass wir diese Megaflatrate, bei der wir wirklich profitieren und nichts draufzahlen, diese wirklich kostenlose Riesentüte mit allem, was man sich an Schönem vorstellen kann, gar nicht haben wollen. Zwei Haltungen begegnen mir oft bis heute. Die eine Haltung ist die: Was nicht so ist wie das, was ich selber habe, was ich kenne und was ich selber gut finde, ist nicht richtig und gehört nicht dazu. Das soll draußen bleiben, das will und brauche ich nicht. Da werden Möglichkeiten, Geschenke, Gaben, abgelehnt, weil sie anders sind, weil sie nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen. Im Bild der Fischtüte hieße das, den Aal und die Krabben und den Hering vielleicht dem Fischhändler zurückzugeben, weil ich sie nicht mag, statt sie sich einpacken zu lassen und zu überlegen, ob ich vielleicht jemanden kenne, dem genau das schmeckt und der sich über genau dieses Geschenk freut oder es dringend braucht. Ich will nur das, was meinem Geschmack entspricht. Die Haltung gibt es auch im Glauben.
Die andere Haltung ist die, nicht auf das zu schauen, was ich habe, und damit dann was anzufangen, sondern immer zu glauben, das, was andere haben, wäre besser und richtiger. Im Bild der Fischtüte hieße das: der nächste Kunde bekäme vielleicht Lachs statt Krabben und Thunfisch statt Forelle eingepackt. Und auf einmal wollte ich unbedingt das andere, obwohl ich bis dahin mit meinem eigentlich ganz zufrieden war, weil das andere ja möglicherweise besser oder mehr Fisch ist.
Beides sind Haltungen, die eben nicht nur auf dem Fischmarkt möglich sind