Statt Reihe IV habe ich Reihe V gewählt, weil in diesem Gottesdienst die neuen Konfis begrüßt wurden und eine frisch Konfirmierte mit mir gepredigt hat. Ihr fiel zum Segen einfach mehr ein, deshalb de Text:
4. Mose 6,22-27
UKB: Liebe Gemeinde!
Nein, der Gottesdienst ist noch nicht vorbei, auch wenn gerade der Segen vorgelesen wurde, der am Ende von jedem Gottesdienst hier bei uns und in den meisten anderen Kirchen gesagt wird. Es ist eigentlich Zufall, dass für diesen Sonntag, an dem bei uns in der Thomaskirche die neuen Konfis begrüßt werden, der Segen als Bibeltext für die Predigt „dran“ ist. Aber ich finde es ganz passend, gerade an so einem Tag sich mal Gedanken darüber zu machen, was für viele, die immer kommen, ganz normal und selbstverständlich ist. Für viele Konfis ist es nicht so. Am Dienstag haben wir ja auch mal über den Gottesdienst gesprochen und was so dazugehört. Der Segen wurde erst relativ spät genannt und als dann markiert werden sollte, was einem gut gefällt oder wichtig ist, da waren es nur ganz wenige, die das markiert haben. Gut, dass ich heute eine Expertin habe, die mit mir predigt. Milena, du bist ja erst seit fünf Wochen konfirmiert und kannst dich bestimmt auch noch gut an die Zeit erinnern, als du mit Konfer angefangen hast. Wie geht’s dir denn mit dem Segen?
Milena: Ich kannte das vorher auch nicht so wirklich, weil ich vor Konfer nicht oft im Gottesdienst war. Aber jetzt kann ich mir gar nicht mehr vorstellen, dass es auch anders sein könnte. Ich finde es richtig gut, dass der Segen am Ende da ist. Da kriege ich ein richtig gutes Gefühl. Ich weiß dann, dass Gott auch für mich da ist. „Der Herr segne dich und behüte dich“ – das fasst noch mal alles zusammen, was wichtig ist. So vor dem Rausgehen. Gott ist nicht nur in der Kirche bei mir, sondern auch wenn ich rausgehe. Beim Hiphop oder in der Schule oder wenn ich mit meinen Freunden oder meiner Familie zusammen bin. Gott ist da und passt auf mich auf.
UKB: Ich finde es schön, dass du das so siehst. Ich hab mich auch richtig gefreut, als du vor ein paar Wochen gesagt hast, dass du mal mit mir predigen willst und auch was von deinem Glauben erzählen willst. Das ist ja überhaupt nicht selbstverständlich. Bist du da eigentlich von allein drauf gekommen? Hast du plötzlich irgendwie angefangen, an Gott zu glauben und den Segen für dich so wichtig zu nehmen?
Milena: Für mich ist der Glauben an Gott was ganz normales geworden. Aber viele von den Leuten aus meiner Klasse und von den anderen, mit denen ich befreundet bin, sehen das auch ganz anders.
Es ist ziemlich schwer, da von allein drauf zu kommen. Als ich ein Kind war, haben mir meine Eltern immer mal davon erzählt und so, da war so ein Anfang da. Aber dann ist in Konfer noch mehr gekommen. Mit Karo und Daniel, mit Ursel und Juliane und mit Ihnen konnte ich mich drüber unterhalten. Da habe ich noch mehr kennenglernt und gemerkt, dass es für mich wichtig und irgendwie besonders ist. An Gott kann ich glauben, mit Gott kann ich reden – und auch dann, wenn man mal keine Lust dazu hat, mit Gott zu reden, ist er trotzdem da.
UKB: Deinen letzten Gedanken finde ich ganz interessant und wichtig! Der Segen, so wie ich ihn am Ende vom Gottesdienst spreche und wie er eben vorgelesen wurde, ist ja uralt. Er steht im Alten Testament, dem ersten Teil der Bibel. Aaron, so wird es da erzählt, der Bruder von Mose, soll das Volk Israel, die Menschen, die damals schon an Gott geglaubt haben, so segnen. Alle. Da steht nicht: Prüfe mal vorher, wer wirklich an Gott glaubt und segne sie. Und es steht auch nicht da: Du kannst zwar alle segnen, aber der Segen wirkt nur für die, die so richtig an Gott glauben. Es steht da: Gott will sein Volk, alle daraus, segnen. Eigentlich ist es ja Gott, der segnet. Das ist wichtig. Weder Aaron früher noch der Pfarrer heute sucht die Menschen aus, die es wert sind, dass sie gesegnet werden. Und Gott will auch bei den Menschen sein, die noch nicht oder nicht mehr an ihn glauben. Durch Jesus hat er es dann, lange, nachdem dieser Segen aufgeschrieben worden ist, noch einmal ganz deutlich gemacht: jeder ist wertvoll. Jede und jeder darf zu mir kommen. Und auch schon in seiner Geschichte mit den Menschen aus Israel hat Gott allen gezeigt: Die Menschen können zwar aufhören, Gott zu lieben und können ganz falsche Sachen machen, aber Gott hört nicht auf, die Menschen zu lieben und für sie da zu sein.
Milena: Aber wenn man gesegnet ist und aus dem Gottesdienst geht, merkt man ja trotzdem nicht immer, dass Gott da ist. Manchmal ist es doch auch so, dass ich glaube, Gott passt gar nicht so richtig auf. „Behüten“ sage ich zwar normalerweise nicht, aber für mich heißt das: Gott passt so auf dich auf, dass dir nichts Schlimmes passiert. Aber ich hab schon Schlimmes erlebt. Ich bin da wieder gut rausgekommen. Aber wie ist das denn, wenn jemand nicht mehr rauskommt? Wie ist das denn, wenn einer was wirklich Böses erlebt, ohne dass er was dafür kann? Eine schlimme, tödliche Krankheit oder einen Unfall oder so? Hat Gott ihn dann nicht gesegnet, auch wenn dieser Mensch ganz fest an Gott glaubt?
UKB:Gute Frage! Ich glaube, dass „behüten“ beim Segen nicht bedeutet, dass Gott so eine Art Schutzzauber macht, durch den nichts durchkommt, wie vielleicht bei manchen Computer- oder Fantasyspielen. Ich glaube, dass Gott mir die Kraft gibt, auch Böses auszuhalten und an Bösem nicht kaputt zu gehen. Vielleicht kann ja ein Mensch, der ganz krank ist, auch anderen helfen, ihre Krankheit zu ertragen oder aber die Hoffnung wach halten, dass Gottes Liebe auch mit dem Tod nicht aufhört, dass wir zum Beispiel nach dem Tod nicht irgendwie nichts sind. Aber theoretisch kann ich das nicht wissen. Erst dann, wenn es soweit ist. Es ist schwierig, das auszuhalten. Auch für einen Christen ist das Leben nicht immer nur easy.
Milena: Das stimmt! Ich glaube, dass gesegnet sein heißt: Ich darf hoffen, dass Gott auch aus Schlechtem was Gutes machen kann und das auch machen wird. Nicht immer so, wie ich das vielleicht ganz gern hätte. Und manchmal verstehe ich es auch wirklich kaum oder gar nicht. So ist das ja auch mit Segen. Am Ende vom Gottesdienst gibt er mir zwar ein gutes Gefühl, aber gerade was es bedeutet, wenn sie sagen: „Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig, der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden“, dann weiß ich gar nicht so genau, was da gemeint ist.
UKB: Was stellst du dir denn vor?
Milena: Weiß ich nicht. Wieso soll ich denn immer alles sagen? Was stellen sie sich denn vor?
UKB: Also, ich stelle mir vor, dass Gott tatsächlich eine Beziehung zu uns will. Anschauen, das heißt ja: ich stelle mich auf einen Menschen ein, ich nehme ihn ernst und wichtig. Da passiert was, wenn ich jemanden anschaue. Ich zeige ihm, dass er mir wichtig ist. Ich guck nicht vorbei und tu so, als würde mich der nichts angehen. Zu Recht habt ihr als Konfis euch ja im letzten Jahr darüber beschwert, dass ich euch viel zu wenig angucke. Und mir ist es wichtig, dass mich die Leute anschauen, wenn ich mit ihnen rede, ein paar von den neuen Konfis haben das schon gemerkt. Gott nimmt uns ernst und will uns was Gutes, er interessiert sich für uns, wir sind ihm nicht egal. Das bedeutet es für mich. Und er ist freundlich. Er guckt nicht böse auf uns, sondern er strahlt uns an, vielleicht so, wie wenn man als Erwachsener in einen Kinderwagen schaut und das Kind anlächelt – und dann lächelt es zurück. Wenn man jemanden freundlich anschaut, anlächelt, dann macht man vielleicht seinen Tag schöner und dann bringt man ihn auch zum Lächeln. Das ist ansteckend. So stelle ich mir das bei Gott auch vor. Er will uns anstecken. Mit Gutem. Und gnädig, das heißt: Gott rechnet uns nicht dauernd unsere Fehler vor. Nicht das, was wir falsch machen, ist für ihn das Wichtigste, sondern dass er bei uns sein will und vergeben kann.
Milena: Das mit dem ansteckenden Lächeln finde ich gut. Aber das mit dem Vergeben ist ganz schön schwer zu glauben und anzuwenden. Aber ich glaube, ohne gnädig zu sein, so wie sie es eben erklärt haben, kann es auch keinen Frieden geben. Wenn ich an meine Freundinnen oder so denke und Streit unter uns, dann würde der ja nie aufhören, wenn man immer nur darauf guckt, was die andere falsch gemacht hat. Und wenn ich an mich selber denke: wenn ich mit mir selber in Frieden leben will, also zufrieden sein will, dann muss ich auch Dinge akzeptieren, die ich bei mir nicht so toll finde. Sonst gehe ich ja kaputt und bin immer unzufrieden. Und dann kann ich auch andere gar nicht mit was Gutem anstecken. Eigentlich wirklich cool, dass der Segen am Ende vom Gottesdienst steht. Gott hat mit dem ganzen Guten schon angefangen. Und er gibt es uns mit in unsere Woche. Da können wir uns an das Gute erinnern, wenn es uns schlecht geht und auch anderen was Gutes tun. Und dann segnet Gott nicht nur durch Pfarrer, sondern auch durch uns. Euch als neuen Konfis wünsche ich so tolle Erfahrungen in Konfer und mit Gott, wie wir sie gemacht haben. Ganz viel Spaß und Begeisterung. Und der Gemeinde wünsche ich auch, dass wir weiter mit Jungen und Alten zusammen viele gute Erfahrungen mit Gott und seinem Segen machen. Ich wünsche uns, dass wir merken, dass wir gesegnet sind.
UKB: Dem kann ich nichts mehr hinzufügen, außer: Amen.
Predigten und Gedanken aus der Thomaskirche auf dem Richtsberg in Marburg
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Sonntag, 3. Juni 2012
Gott macht auch aus Schlechtem Gutes - Trinitatis, 03.06.12
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