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Samstag, 26. November 2011

Hoffentlich ist das der letzte Advent! - 1. Advent, 27.11.11, Marginaltext

Text: Sacharja 9,9-12
Liebe Gemeinde!


Es ist mal wieder so weit – 1. Advent! Alle Jahre wieder. Manche konnten es sicher nicht abwarten. Endlich wieder Weihnachtsmarkt und Festbeleuchtung in der Stadt. Endlich wieder die Deko für die Wohnung rausholen. Plätzchen backen und gemütlich Tee und Kaffee trinken, passende Musik hören. Vorbereitungen treffen, Geschenke kaufen und sich was wünschen. Viele freuen sich auf diese Zeit. Viele – nicht alle. Manche fürchten sich vor dem Stress. Jetzt nur nichts vergessen, damit Weihnachten möglichst perfekt wird. Die Geschäfte sind übervoll. An so vieles muss gedacht werden. Adventsfeiern, zu denen gegangen werden muss, in der Schule jede Woche Arbeiten schreiben bis kurz vor den Ferien. Und manche fürchten sich davor, in diesen Tagen noch mehr als sonst zu spüren, dass für sie ganz wichtige Menschen fehlen. Vielleicht ist in diesem Jahr oder schon vor längerer Zeit ein lieber Mensch gestorben. Vielleicht ist eine Beziehung in die Brüche gegangen oder ein Umzug hat Freundeskreise erst mal gestört und vieles ist anders als sonst.

Es ist mal wieder so weit – 1. Advent, in vier Wochen ist Weihnachten. Schön oder schaurig. Alle Jahre wieder. Und alle Jahre wieder wird an diesem Tag die Aktion „Brot für die Welt“ eröffnet. Zum 53. Mal bittet die Kirche um Spenden für Menschen in anderen Ländern, deren Leben durch Hunger und anderen Mangel bedroht ist.

Es ist mal wieder so weit: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, es kommt er Herr der Herrlichkeit“ und „Tochter Zion, freue dich, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer“. Alle Jahre wieder. Lieder, Bibelverse, die einfach dazu gehören.

Alle Jahre wieder… - wirklich? Wie wäre es denn, wenn es diesmal nicht wie alle Jahre wäre? Wie wäre es denn, wenn die 53. Aktion „Brot für die Welt“ die letzte wäre? Nicht, weil wir geiziger wären oder weil es sich eh nicht lohnt und der Hunger nie besiegt wird, sondern weil es der letzte Advent wäre, in dem Menschen noch hungern und der letzte Advent, bevor wir erleben, was in dem Predigttext herbeigesehnt und versprochen wird: eine friedliche Welt ohne Krieg. Eine gerechte Welt, in der Reichtum nicht mehr zählt. eine Welt, in der Freiheit herrscht. Eine Welt, in der sich die Hoffnungen auf ein gutes Leben mit Gott erfüllen.

Wie wäre es denn, wenn nicht alle Jahre wieder Schönes und Schauriges, Wohliges und Trauriges je nach persönlichem Erleben im letzten Jahr und eigener Stimmung diese Zeit bestimmen, sondern endgültig alles tatsächlich gut wird? Zu schön, um wahr zu sein? Ein Märchen? Ein Gedankenspiel für Spinner, hoffnungslose Romantiker oder weltfremde Träumer? Ja, vielleicht. Aber vielleicht auch

Samstag, 19. November 2011

Lebensmüde oder Lebensmunter? _ Totensonntag, 20.11.11, Reihe IV (statt III)

Text: Phil 1,21-26 (Gedenktag der Entschlafenen, nicht Ewigkeitssonntag)

Liebe Gemeinde!


„Sterben ist für mich ein Gewinn“ – Was muss in einem Menschen vorgehen, damit er so etwas sagen kann? Denken lässt sich da ganz viel. Das könnte ein religiös durchgedrehter Attentäter sagen, der darauf hofft, dass er von zweiundsiebzig Jungfrauen im Paradies bedient wird, wenn er sich und andere in die Luft sprengt. Viel alltäglicher und viel trauriger wird dieser Satz aber, wenn ihn schwer kranke Menschen sagen, die vor lauter Schmerzen nicht mehr ein und aus wissen und einfach genug davon haben. Oder, für mich noch viel trauriger, wenn oft schon ganz junge Menschen keine Lust mehr haben, es mit dem Leben aufzunehmen. Manchmal ist das Gefühl da, das alles schief geht. Beziehungen, Freundschaften, Liebe – all das geht vielleicht gerade kaputt. In der Schule oder im Beruf ist das Gefühl da, das alles, was man anpackt, nur noch danebengeht und nichts mehr klappt. Das Gefühl, das jeder an einem zerrt, jeder was von einem will und man gar nicht mehr weiß, wohin. „Sterben ist für mich ein Gewinn“ – da habe ich endlich meine Ruhe. Und dann werden die anderen schon sehen, was sie angerichtet haben! Ein ganz trauriges Gefühl, ein ganz trauriger Satz. Auch dann, wenn er von älteren und alten Menschen gesprochen wird, die müde geworden sind, weil sie schon so viele Abschiede haben hinnehmen müssen. Abschiede von lieben Menschen, die ihnen hier fehlen. Abschiede auch von manchen Fähigkeiten, die man früher vielleicht noch hatte und die das Alter genommen hat. „Sterben ist für mich ein Gewinn“ – Was soll ich eigentlich noch hier! Es gibt in jedem Leben Zeiten, da scheint es nur noch eine große Last zu sein, die man irgendwie loswerden will. Und vielleicht erwartet oder erhofft man sich dann, dass einem der Glauben an Gott, auch wenn er ganz fern zu sein scheint, dass einem die Bibel oder Gespräche mit einem Pfarrer oder anderen Menschen, von denen man hofft und denkt, dass wenigstens sie auf Gott vertrauen, dem Leben trauen und sich nicht unterkriegen lassen, aus einem solchen Loch wieder raushilft. Die Bibel, der Glauben, Jesus und auch sein Bodenpersonal – das soll doch für Hoffnung, für Leben, für ein gutes Leben stehen!

Und dann findet sich ausgerechnet in diesem Buch der Hoffnung der Satz: „Sterben ist mein Gewinn!“ Paulus hat diesen Satz geschrieben. Er schreibt ihn in seinem Brief an die Gemeinde in Philippi im heutigen Griechen-land. Er schreibt ihn aus dem Gefängnis, in dem er zu Unrecht sitzt und in dem er nicht weiß, ob ihn nicht viel-leicht ein hartes, vielleicht sogar ein Todesurteil erwartet. „Ich habe es satt, ich will nicht mehr, ich kann nicht mehr, gut, wenn alles endlich zu Ende ist!“ Wenn man nur diesen Satz hätte und nur wüsste, dass er aus dem Gefängnis geschrieben ist, dann könnte man glauben, dass Paulus genau so etwas meint. Aber dieser Satz ist nicht das einzige, was er aus dem Gefängnis schrieb. Er schreibt diesen Satz nicht für sich allein, sondern

Sonntag, 13. November 2011

Geld oder Leben !? - Geld und Leben, vorletzter Sonntag des Kirchenjahres, 13.11.11, Reihe III

Text: Lukas 16,1-9 NGÜ

Liebe Gemeinde!


Jeder schaut auf seinen Vorteil. Solange das Geld, das ich ausgebe oder mit dem ich handele, nicht mein eigenes ist, kann ich damit machen was ich will und fremdes Geld zu meinem Vorteil einsetzen. Und wenn ich dadurch auch noch gute Beziehungen aufbauen kann, die mir nützen: umso besser! Vor drei Jahren begann die weltweite Finanzkrise genau nach diesem Muster. Da haben Menschen mit Geld, das ihnen nicht gehörte, rumgespielt, ihren Vorteil gehabt, aber ausbaden mussten das andere. Treue, Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, diese Werte spielten keine Rolle mehr. Hauptsache, die eigene Kasse stimmt. Von der Kirche, von Christen, von Jesus selbst, da wird zu Recht anderes erwartet. Wenn ich mich als Christ verstehe und denke, dass dazu mehr gehört als nur ein geistiges Leben mit Gebeten und Bibellesen und Gottesdienstbesuchen, dann erwarte ich von mir – und anderen – im Sinn von dem, was ich glaube, von Jesus verstanden zu haben, auch in meinem Alltag ein ganz anderes Verhalten. Da erwarte ich Treue, nicht nur in der Ehe oder anderen Beziehungen, sondern auch gegenüber Aufgaben, die ich übernommen habe. Da erwarte ich Aufrichtigkeit und Verlässlichkeit. Von mir selbst, von Menschen, die sich auf Jesus berufen und sagen, dass sie an ihn glauben. Und natürlich gehe ich davon aus, dass Jesus selbst genau so was auch den Menschen, denen er begegnet ist, vorgelebt und erzählt hat. Und dann finde ich in der Bibel, im Lukasevangelium, eine Geschichte, die mich ganz ernsthaft verwirrt. eine Geschichte, bei der ich mich frage, welches Verhalten da eigentlich von Jesus gut gefunden wird. Eine Geschichte, bei der ich mich frage, wie sie ernst gemeint sein kann und wie ich sie verstehen soll. Sie steht bei Lukas im 16. Kapitel:
Vorlesen, Neue Genfer Übersetzung
Für alle, die das Wort Mammon nicht kennen: in der Sprache, die Jesus wirklich gesprochen hat, heißt das Geld, Besitz. Beim ersten Lesen, beim ersten Hören – und vielleicht auch noch beim zweiten, dritten und vier-ten – da wirkt diese Geschichte, die Jesus erzählt, fast so wie ein Aufruf, es mit der Ehrlichkeit nicht so genau zu nehmen und sich für den Notfall Freunde zu kaufen, die einen raushauen können, wenn man keine Lust auf körperliche Arbeit oder Betteln hat. Treue, Verlässlichkeit, Aufrichtigkeit sieht so jedenfalls nicht aus. Ich habe im Internet den Hinweis gefunden: „Wenn sie ihre Gemeinde nicht verwirren wollen, dann predigen sie nicht über diese Geschichte!“ Aber genau das wäre ja auch wieder nicht ehrlich und aufrichtig. Der Pfarrer, der soll die Gemeinde schonen und nur das erzählen, was einfach zu verstehen ist und nicht die ganze Wahrheit. Ich halte aber niemanden für dumm: die Konfis nicht, die Erwachsenen nicht und ich will niemandem erzählen, dass Jesus es uns immer leicht macht. Es kostet manchmal ein bisschen Anstrengung und Nachdenken,

Samstag, 5. November 2011

Dämonen raus - Drittletzter Sonntag des Kirchenjahres, 6.11.2011, Reihe III

Text: Lukas 11,13-24 (Übersetzung: Basisbibel)

Liebe Gemeinde!


Wer hat eigentlich verstanden, was ich da gerade vorgelesen habe? Ich meine jetzt nicht nur die einzelnen Wörter und nicht nur die Frage, ob ich laut und deutlich genug gesprochen habe. Ich meine eher den Sinn, den Inhalt. Ich habe die Bibelstelle in den letzten Tagen oft gelesen. Laut und leise, aber es ist mir nicht leicht gefallen, das, was da steht, wirklich zu verstehen. Dämonen und Beelzebul, der Oberste der Dämonen, ein bewaffneter Starker und ein Stummer, der von einem Dämon besessen ist, der ausgetrieben wird – für mich passt das nicht richtig in meine Welt, in mein Leben im Jahr 2011. Für mich passt das in eine Zeit vor vielen hundert Jahren, in der die Medizin und die Wissenschaft ihre Erklärungslücken, die unglaublich groß waren, mit Geisterwesen gefüllt haben. Aber heute ist die Welt doch anders. Dämonen, Satan, Beelzebul, Krankheit als Besessenheit – das ist 2011 nicht zu verstehen. Das ist nicht normal.

Und dann kam mir der Gedanke, dass vielleicht gerade dieses Nichtverstehen, dieses Unnormale der Schlüssel dazu ist, das, was Jesus hier auch für heute noch sagen will, besser zu verstehen. Schon wieder so ein verrückter und unverständlicher Satz vom Pfarrer. Leben ist oft ganz schön normal. Gott sei Dank. Da passiert nicht immer viel Aufregendes, da ist, Gott sei Dank, nicht immer gleich eine schlimme Krankheit am Start. Aber trotz allem wissenschaftlichen Fortschritt, gerade in der Medizin, trotz allem, was wir mit Hilfe der Wissenschaft erklären können, gibt es im Leben immer etwas, das unbeherrschbar und unverfügbar ist. Es gibt Angst, die auch alle menschliche Kunst, die alles menschliche Handeln nicht besiegen kann. Es gibt Böses, Schlimmes, das sich nicht einfach weg reden, leugnen lässt. Böses, Schlimmes, wo unsere Vernunft und Normalität und Kunst an ein Ende kommen. Zwei, drei alltägliche Beispiele.

Die Wissenschaft kann erklären, was eine Krankheit mit dem Körper macht, oft genug auch, wo sie herkommt. Und viele Krankheiten können geheilt werden. Aber oft genug können wir gar nicht anders, als von Krankheiten als „Schicksalsschlag“, als „Prüfung“, als „Katastrophe“ zu reden. Weil Normalität durchbrochen wird, weil Angst da ist, weil wir eben merken, dass wir nicht alles im Griff haben.

Wir wissen, wie sich Alkoholismus auf die Familie aus-wirkt, wir haben oft genug mehr als nur eine Ahnung davon, warum ein Mensch gewalttätig oder kriminell wird. Aber wir haben Angst davor, solchen Menschen zu begegnen oder selbst so zu sein oder zu werden. Und wir wissen ganz genau, dass auch alle menschliche Kunst und Redegewandtheit einen Alkoholiker nicht von der Flasche bringt und dass alles Wegsperren und psychologische Betreuen aus einem Gewalttäter oder Straftäter nicht unbedingt einen Menschen macht, der für andere keine Bedrohung mehr ist.

Dämon, Satan, Beelzebul, diese persönlichen Benennun-gen sind ein Versuch, dieses Böse, was da ist, durch Namensgebung ein Stück weit in seiner Macht zu be-schränken, weil ich ja einen Namen dafür habe und es nicht so ganz unbekannt ist. Im Jahr 2011 finde ich die Vorstellung einer personalisierten, gegengöttlichen, bö-sen Geisterwelt nicht mehr hilfreich. Gott sei Dank ha-ben wir zum Beispiel gelernt, in Menschen, die stumm sind, nicht mehr böse Geister am Werk zu sehen.

Was aber, trotz aller Entgeisterung der Welt, geblieben ist, ist die Angst vor dem, was Menschen nie in den Griff kriegen können. Das Böse, das den normalen, glatten Alltag durchbricht und schwer macht. Mir hilft es, hier eben nicht persönliche Wesen am Werk zu sehen,

Zwischen kuntergrau und dunkelbunt im Nebel

Sonntagsgedanken in der Oberhessischen Presse, die Anregung zu dem "Farbwortspiel" verdanke ich dem Song "XOXO" von Casper

Verwirrung, nichts als Verwirrung, scheint die Welt ergriffen zu haben. Keiner weiß mehr Bescheid. Rezepte für ein gutes Leben, Rezepte für den Erfolg von Menschen, Wirtschaft, Staaten und Staatengemeinschaften, die gestern noch richtig waren, scheinen heute falsch zu sein. Oder doch nicht? Wirtschaftsexperten, Bildungsexperten, Terrorismusexperten, Experten für gelingende Lebensführung erklären uns die Welt. Und am Ende scheint mir oft nur noch Bertold Brecht zu bleiben: „Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen/ Den Vorhang zu und alle Fragen offen.“ Es gibt anscheinend keine klaren Linien, kein klaren Farben, keine klaren Richtungen mehr. Kuntergrau und dunkelbunt, ein Mischmasch, der alles zu vereinen und verschlingen scheint, der nichts mehr klar erkennbar macht.


Vielleicht sind auch diese Worte, vielleicht ist auch diese Zustandsbeschreibung Teil einer Herbstdepression. Der Mangel an Licht, an Aufklärung, die Zunahme an Nebel und Dunkel führt Menschen in Stimmungen, die sich oft genug von allein nicht aufhellen lassen. Die Volkskrankheit Depression und das Burn-Out-Syndrom sind, Zufall oder nicht, gerade in diesem so verwirrenden Jahr verstärkt ins Blickfeld gerückt. Junge Fußballspieler, gute Lehrerinnen, nach außen erfolgreiche Manager – keiner ist mehr sicher davor. Auswege? Da gibt’s wieder gut gemeinte und gut gemachte Ratgeber und Ratschläger – aber was hilft’s?!

Mir drängt sich in diesen Tagen noch einmal eine Aussage von Jesus ins Bewusstsein. In der Auseinandersetzung mit seinen Kritikern wird ihm im Johannesevangelium die Aussage „Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen“ zugeschrieben. Wahrheit und Freiheit gehören für Christen unmittelbar zusammen. Und Wahrheit gibt es nicht ohne die schmerzhafte Erkenntnis von