Beliebte Posts

Freitag, 22. Mai 2009

Unter den Wolken muss die Freiheit wohl... - Himmelfahrt 2009, Reihe I

Text: Lukas 24,50-53

Liebe Gemeinde!

(Einen imaginären Luftballon „nach oben holen“ und „in den Händen“ halten“) Nach oben, in den Himmel steigen - bis heute ist das für ganz viele Menschen mit besonderen, mit schönen Gefühlen verbunden. Reinhard Mey sang vor vielen Jahren „Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“. Und bis heute ist zum Beispiel Ballon fahren für viele ein grandioses Erlebnis. Und selbst so ein Luftballon hier, wie ich ihn in der Hand halte, regt Menschen an, über Freiheit und Freude am Leben nachzudenken. Bunt und leicht ist er. Für manche hängen Erinnerungen an unbeschwerte Kindertage an einem solchen Ballon. Und wenn man ihn fliegen lässt, dann ist es so, als würde er das ganze Schwere im Leben einfach mit wegnehmen. Wenn ich ihn loslasse, dann fliegt er hoch in eine Welt, die wir zwar erforscht haben und physikalisch beschreiben können, die uns aber doch ein Stück weit entzogen ist. Wenn ich den Ballon jetzt loslasse, dann geben sie ihm doch einfach ihre Gedanken, Wünsche und Sorgen mit auf dem Weg in die Freiheit über den Wolken. (So tun, als würde er losgelassen und hinterher schauen)
Der spinnt - manche haben das vielleicht eben gedacht. Der hat doch gar nichts in der Hand, da gab’s doch gar nichts zu sehen. Und trotzdem gehe ich jede Wette ein, dass gar nicht mal so wenige eben tatsächlich an einen Luftballon gedacht haben, der einfach wegfliegt. Was ist nun wirklich wahr? Das, was wir mit unseren Fingern begreifen können? Oder auch das, was wir fühlen, spüren und wahrnehmen können, ohne dass wir es festhalten? Da ist nichts zu sehen und trotzdem ist etwas da. Wirklichkeit und Wahrheit sind größer als die Welt, die sich begreifen lässt. Und das gibt Freiheit. Weil wir nicht nur an das gefesselt sind, was wir sehen, hören, fühlen und schmecken können, sondern weil wir die Freiheit haben, mehr zu erfahren im Leben.
Für mich ist Himmelfahrt in diesem Sinn ein Fest, das uns wirklich Freiheit schenkt. Nüchtern betrachtet, gibt es eigentlich nicht viel zu sehen. Lukas hält sich nicht mit langen Beschreibungen auf, wie die Himmelfahrt ausgesehen haben könnte. Das Entscheidende ist, dass die Jünger erleben: Jesus ist in keiner Art und Weise mehr körperlich anwesend. Schon von der Auferstehung erzählen Lukas, aber auch Johannes, ja so, dass Jesus nicht einfach so hereinspaziert kam, als wäre gar nichts gewesen. Die Emmausjünger, von denen Lukas erzählt, waren lange mit dem Auferstandenen unterwegs. Sie haben ihn gesehen, sich mit ihm unterhalten. Aber erkannt haben sie ihn nicht an irgendwelchen Äußerlichkeiten, sondern erst an seinem Handeln. Himmelfahrt macht endgültig deutlich, dass die Bilder losgelassen werden müssen, dass die Nachfolgerinnen und Nachfolger Jesu sich nicht an irgendetwas Biologisches klammern können, sondern dass sie auf Glauben, Vertrauen, Hoffnung und Liebe allein angewiesen sind. Die Jünger verzweifeln nicht, weil sie nun nichts mehr zum Klammern haben, sondern sie gehen getrost zurück ins Leben. Sie loben Gott und strahlen große Freude aus.
Eigentlich komisch. Die Jünger haben Sicherheit verloren und sie freuen sich. Wenn wir Sicherheit verlieren, dann sind wir traurig, frustriert oder wir sehnen uns danach, Dinge aus der Vergangenheit irgendwie konservieren zu wollen. Himmelfahrt macht etwas anderes deutlich: Die Sicherheit liegt nicht im Festhalten, sondern im Loslassen, im Vertrauen und im Annehmen der Freiheit, die Gott uns schenkt. Die Jünger machen sich frei davon, Jesus so behalten zu wollen, wie sie ihn kannten, ihn ein für allemal festzulegen - und sie gewinnen dadurch Freude am Leben und Freude am Glauben. Gott, Jesus - das ist eben mehr, als wir fassen, beschreiben, begreifen können.
Glauben schafft Freiheit - leider haben auch Christen, hat auch die Kirche diese Botschaft allzu oft verdunkelt. Menschen, die anders glaubten, anders dachten, anders lebten und anders liebten wurden im Namen Gottes verfolgt, mundtot gemacht, diskriminiert, manchmal bis zum Tode. Glauben schafft Freiheit - Gott sei Dank immer wieder auch die Freiheit, zu dieser Schuld zu stehen und einen anderen, besseren Weg zu gehen. Dort, wo offen miteinander geredet und auch gestritten werden kann, dort kann Glauben wachsen. Es ist traurig, dass gerade heute aber im Namen einer Scheinfreiheit, die kritischen Einwänden gegenüber intolerant ist, Christen nicht nur in Marburg diffamiert und verleumdet werden. Man muss und kann auch in der Kirche nicht immer über alles einer Meinung sein. Aber zu der Freiheit, zu der uns Christus befreit, zu der Freiheit, die zum Menschsein gehört, gehört auch, im anderen immer zuerst den Menschen und nicht den Gegner zu sehen. Diese Freiheit, die Gott uns schenkt, die Freiheit, uns nicht an Bildern, Urteilen und Vorurteilen festhalten zu müssen, die muss uns hellhörig machen, wo durch Diffamierung Freiheit genommen werden soll. Gott ist ein Gott der Freiheit. Weil er unsere menschlichen und weltlichen Grenzen sprengt. So, wie Himmelfahrt die Grenzen unserer Welt endgültig sprengt. Nicht, weil Naturgesetze außer Kraft gesetzt würden oder weil wir im Glauben zur Weltflucht angehalten würden, sondern weil hier deutlich wird: Das, was größer als diese Welt ist, die Liebe, die alle Grenzen sprengt, hilft dir, in dieser Welt und für diese Welt mit Freude zu leben und dich nicht mit den Grenzen, die Menschen ziehen und mit den Grenzen, die unsere Verstehensmöglichkeiten ziehen, für immer zufrieden zu sein.
Himmelfahrt ist ein Fest der Weite der von Gott geschenkten Freiheit. Für mich ist auch dieser Gottesdienst, den wir miteinander feiern, so ein Zeichen dafür. Ganz unterschiedliche Gemeinden und Konfessionen feiern zusammen. Ein Stück Himmel auf Erden, dass die Grenzen, die mal da waren und manchmal noch da sind, dazu einladen, drüberzuschauen und Verbindung zu suchen. Und dass Gott im Himmel seinen Platz in dieser Welt hat. Die Feuerwehr kümmert sich darum, dass dieser Gottesdienst einen schönen Rahmen hat. Kirche ist nichts, was irgendwo abseits steht, jenseits von dem, was in diesem Leben wichtig ist, sondern Kirche, die Gemeinschaft der Christinnen und Christen, gehört mitten ins Leben. Keine Angst vor der Welt, keine Angst vor dem anderen, denn in Jesus Christus schenkt Gott uns Weite und Freiheit, die über das, was wir denken können, hinausgeht. Die Freiheit der geliebten Kinder Gottes. Ich wünsche uns, dass wir, wie die Jünger damals, diese Freiheit annehmen, loslassen und ins Leben gehen. voller Freude. Und so einladend und ansteckend werden. Und der Welt etwas von der Freiheit und Liebe Gottes schenken. Himmelfahrt entführt uns nicht aus der Wirklichkeit in den Himmel, sondern lässt ein Stück Himmel auf der Erde Wirklichkeit werden. Amen.

Samstag, 16. Mai 2009

Da hilft nur noch beten... - Rogate, 17.05.09, Reihe V

Text: Matthäus 6,7-13
Liebe Gemeinde!
Wer kriegt am Ende seinen Willen? Derjenige, der kurz und knapp und sachlich sein Anliegen erzählt und auf Entscheidung wartet oder derjenige, der laut rumschreit, der nervt, lang und breit erklärt, warum gerade er seinen Willen kriegen muss, der das geschickt verpackt und so lang drumrumredet, dass man froh ist, ihn wieder loszuwerden? Ich habe den Eindruck, dass viel zu oft der zweite Typ kriegt was er will. Quengeln, dem Gegenüber in den Ohren liegen, bis sie anfangen zu bluten, auch Kinder und Jugendliche lernen schnell, dass das eine erfolgreiche Strategie bei Eltern sein kann. „Darf ich heute Abend länger weg, die anderen dürfen es auch!“ „Nein, morgen musst du zur 1. in die Schule!“ Welches Kind gibt sich damit zufrieden? Ich will jetzt die Diskussion nicht nachspielen, die kann sich viel zu lang ziehen und ich hab mir doch vorgenommen, weniger zu reden. „Du brauchst nicht zu quengeln und viele Erklärungen nachzuschieben, Gott kennt dich schon längst! Ihn brauchst du nicht zu überreden, er weiß, was du brauchst!“ Jesus macht denjenigen, die auf Gott vertrauen, Mut, auf den Punkt zu kommen. Ich finde es entspannend, dass Gott nicht danach entscheidet, wer am Besten schwätzen kann oder welche Nervensäge er am schnellsten wieder loswerden will. Nicht die klugen, gebildeten Redner und nicht die gnadenlosen Schwätzer sind im Vorteil, sondern diejenigen, die wirklich was wollen und was brauchen. Und die das dann mit ganz einfachen Worten auch sagen.
Aber warum soll ich überhaupt beten, wenn Jesus doch sagt: „Gott weiß, was ihr braucht, schon bevor ihr ihn darum bittet.“ Ja, Gott braucht unser Gebet nicht. Aber wir Menschen brauchen das Gebet. Und deshalb ist es alles andere als sinnlos. So wie ich als Mensch mit Eltern, mit Menschen, die mir was bedeuten, mit Menschen, von denen ich merke, dass sie mir gut tun, ja nicht nur rede, weil ich ihnen was abschwätzen will, sondern weil ich eine Beziehung habe, aufbauen oder festigen will, so ist das auch ein bisschen mit Gott. Das für eine gute Beziehung Wichtige ist ja nicht, dass jeder Wunsch erfüllt wird, sondern dass ich weiß: da ist jemand, dem kann ich meine Sorgen genauso sagen wie das, worüber ich mich freue. Der hört zu, der nimmt mich ernst, der macht mich nicht fertig und nützt mich nicht aus, auch wenn nicht alles, was ich will, in Erfüllung geht. Das Gebet ist kein magisches Zaubermittel, sondern unsere menschliche Möglichkeit, Beziehung zu Gott auszudrücken und in Beziehung zu Gott, dem Grund, der Quelle des Lebens und der Liebe zu leben. Und wie das bei Beziehungen von uns manchmal so ist: Da gibt es Zeiten, in denen hat man sich ganz viel zu sagen, da ist man ständig in Kontakt - und dann gibt es Zeiten, in denen verliert man sich ein bisschen aus den Augen. Wie gut eine Beziehung wirklich ist, kann man manchmal auch daran erkennen, dass sie auch solche dürren Zeiten übersteht. Und ich glaube, dass das auch für unsere Beziehung zu Gott gilt und für unser Gebet. Gott läuft nicht weg. Gott bleibt, auch wenn wir uns vielleicht manchmal schwer mit dieser Beziehung tun. Und wenn wir dann wieder Kontakt aufnehmen, in Beziehung treten, dann kriegen wir eben keine Strafpredigt und auch nicht die Frage gestellt, warum wir uns denn so lange nicht gemeldet hätten. Wie das klappen kann, Beten weder als Zaubermittel zur Wunscherfüllung zu sehen, noch als Pflichtübung, sondern als Beziehungspflege, wie ich auch dann, wenn es mir schwer fällt, die richtigen Worte finde: Jesus macht einen Vorschlag, wie das gehen kann. Das Vaterunser. Da steckt alles Wichtige drin. Ich finde es ganz gut, sich mal mit dem zu beschäftigen, was in jedem Gottesdienst gesprochen wird, was man spätestens in Konfer auswendig gelernt hat und was ich auch am Ende jeder Konferstunde bete. Sind die Worte hohl und leer, weil sie nichts Neues mehr sind und jeder sie spricht, weil sie keine eigenen Worte sind und auswendig gesagt werden oder steckt mehr dahinter? Für mich steckt, wen wundert’s, mehr dahinter. Da ist zum einen die Möglichkeit, überhaupt was Sinnvolles zu sagen, auch wenn mir die Beziehung zu Gott schwer fällt und sie dürr zu werden droht. Oder wenn mir die Worte fehlen, weil ich einfach nicht mehr weiter weiß. Es ist schon ein paar Jahre her, dass ich mit ihrer Familie und ein paar Freundinnen von ihr am offenen Sarg einer 14-jährigen, die ich kurz vorher konfirmierte, stand. Das einzige, was ging, was weder peinlich noch aufgesetzt war, war ein Vaterunser.Und da ist auch die Verbindung, die dieses Gebet schafft. Es wird nicht nur in Deutschland und nicht nur von Evangelischen und nicht erst seit vorgestern gesprochen. Ich war mal in Russland in orthodoxen Gottesdiensten. Alles war mir fremd. Aber als das Vaterunser gebetet wurde, auch wenn es in einer fremden Sprache war, konnte ich das merken und auf meine Art mitbeten.

Aber für mich ist es vor allem der Inhalt, der dieses Gebet wichtig macht. Das fängt schon bei der Anrede an. „Vater unser oder unser Vater“. Gott ist nicht der, dem die Menschen egal wären und der weit weg ist. Jetzt sind nicht alle menschlichen Vaterbeziehungen gut. Aber Gott als Vater anreden zu können heißt, eine Beziehung zu ihm zu haben, die über das Zufällige hinausgeht. Eine Beziehung, die nicht ausgelöscht werden kann. Eine Beziehung, die auch Auseinandersetzungen mit sich bringt, die aber, wie im besten menschlichen Fall, an diesen Auseinandersetzungen wächst. Und die vor allem, wieder wie im besten, leider nicht in jedem, menschlichen Fall, von Liebe, Zuwendung und Fürsorge geprägt ist. Und eine Beziehung, die uns Menschen, die wir ihn so anreden dürfen, über alle Unterschiede hinweg zu einer großen Familie verbindet. Für mich seid ihr drei, die ihr heute getauft worden seid, gerade hierfür ein tolles Beispiel. Eure Familie ist ja wirklich groß und bunt und in vielem ganz unterschiedlich. Aber so, wie ich euch kennen gelernt habe, so, wie ich z.B. eure wkw-Seiten erlebe, ist das Bewusstsein da, dass ihr trotz allem, was bunt und unterschiedlich ist, zusammengehört. Wenn das bei den Menschen, die an Gott glauben und ernsthaft das Vaterunser beten, auch so ist, dann wäre wirklich was gewonnen. Aber Was beten wir eigentlich, wenn wir mit Gott, den wir Vater nennen können, reden? „Geheiligt werde dein Name, dein Reich komme“ - Das ist für mich nichts, was irgendwo weit weg, bei anderen spielt, sondern bei mir: „Hilf mir, deinen Namen heilig zuhalten, dich nicht für meine Bequemlichkeit in Anspruch zu nehmen und deinen Namen, der die Liebe ist, nicht in den Dreck zu ziehen. „Dein Reich komme“ - nicht irgendwo, sondern auch bei uns, auf dieser Welt, lass Frieden und Gerechtigkeit nicht nur wachsen, sondern zur alles bestimmenden Kraft werden. Damit keinem Menschen mehr gesagt wird, er sei nichts wert, damit alle wirklich leben können und keiner ausgebeutet wird. „Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden“ - für mich der Kernsatz des Gebets. Eben nicht nur irgendwo in einem Jenseits, sondern hier in dieser Welt soll sich Gottes Wille zum Guten verwirklichen. Und hilf mir, meine Wünsche von deinem Willen zu unterscheiden. Und gib mir die Einsicht und die Kraft, dich, Gott zu verstehen. Ich vertraue dir, dass du es besser meinst, als ich manchmal denke und glaube. Für mich steckt das alles und noch vielmehr in diesem Satz. So wie auch in der nächsten Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute“. Martin Luther hat einmal gesagt, dass Gott auch ohne unsere Bitte bösen Menschen Brot gibt, dass es hier darum gehe, Gottes Zuwendung auch zu erkennen und dankbar zu bleiben. Denn zum täglichen Brot gehört viel mehr als nur Nahrung. Luther sagt, es ist „alles, was not tut für Leib und Leben“. Und in seiner Aufzählung fehlen fromme Kinder und Eheleute genauso wenig wie eine gute Regierung, Schuhe, gute Freunde, Geld, Gesundheit und gute Nachbarn. Dafür lohnt es sich doch wirklich, zu beten. Wo das fehlt, tut’s weh, das merken wir doch fast täglich. Und die Bitten darum, Vergebung annehmen zu können, was ja auch manchmal schwer fällt und anderen vergeben zu können, sind für unseren Alltag genauso nötig wie die Bitte darum, nicht in Versuchung geführt zu werden, das Böse, das sich oft so einladend und leicht präsentiert, zu tun und vor Bösem bewahrt zu werden. Zuzugeben, dass ich Schuld bin, dass ich anderen weh tue, fällt nicht leicht. Und dann für sich anzunehmen, dass der andere mir wirklich vergibt, auch nicht. Denn ich kenne mich ja: mein Verlangen, dass der andere für das, was er mir getan hat, gefälligst bezahlen soll, ist oft genug größer als die Bereitschaft, es gut werden zu lassen. Lass es anders sein, Gott, lass uns das Trennende überwinden. Vielleicht kann man es auch so ausdrücken. Macht nicht viele Worte, vertraut dem, der das Leben und die Liebe ist - vielleicht kann man das, was Jesus gesagt hat, auch so zusammenfassen. Und jetzt hab ich schon wieder so viele Worte gemacht. Ich bin jetzt endlich ruhig und wünsche uns, dass wir uns trauen, die Beziehung, die Gott uns anbietet, auch von uns mit Leben zu füllen.

Sonntag, 10. Mai 2009

Laut werden - Kantate, 10.05.09, Reihe I

Text: Matthäus 11,25-30
Liebe Gemeinde!
Was macht den Menschen eigentlich zum Menschen? In einer Zeit, in der die Forscher immer mehr entdecken und in der Menschen immer mehr wissen, lässt sich das immer schwerer sagen. Kluge Menschen haben herausgefunden, dass 91% unserer Erbinformationen mit denen von Fadenwürmern identisch sind und gut 98% mit denen von Schimpansen. Es ist nicht viel, was uns von Würmern unterscheidet und noch weniger unterscheidet uns von Affen. Aufrecht gehen, Werkzeuge benutzen, Stimmungen ausdrücken, Mitleid empfinden oder auch planmäßig jemanden ärgern oder ihm absichtlich weh tun, das alles können Menschenaffen auch. Eine
Sache, die uns, glaube ich, zu Menschen macht ist die Gabe, einfach so, ohne tiefere Absicht oder vorher festgelegten Zweck zu singen. Wenn Vögel singen, dann tun sie das, weil sie gerade jemanden suchen, mit dem sie sich vermehren können, weil ihre Hormone sie genauso programmieren, dass sie lossingen. Wenn Wale das tun, dann ist das ihre einzige Möglichkeit, über weite Strecken im Meer Botschaften auszutauschen. Kantate! Singt! So heißt der Sonntag heute. Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder! Vielleicht ist das wirklich die schönste Art, Gott einfach mal Danke zu sagen: Einfach drauflos zu singen, weil ich mich gerade gut fühle und merke, dass das Leben richtig schön sein kann. Vielleicht müssen das auch gar nicht immer fromme Lieder mit frommen Texten sein, vielleicht kann das auch einfach etwas sein, was einem gerade in den Kopf kommt. Ich glaube, Gott versteht dann schon, warum wir singen. Ich glaube nicht, dass wir ihm unsere Freude übersetzen müssen. Wenn wir uns denn trauen würden, einfach so drauflos zu singen. Kleine Kinder machen das noch, die singen oft unbekümmert drauflos, auch wenn nicht jeder Ton getroffen wird. Aber wenn man älter wird, 10,12,14 oder erwachsen, dann verliert man leider leicht diese spontane Fähigkeit. Vielleicht wenn der Staubsauger laut genug brummt oder wenn man unter der Dusche steht, wenn man das Gefühl hat: mir hört keiner zu. Da singt man. Aber sonst: „Ich kann das nicht. Ich hab so eine hässliche Stimme. Was sollen denn die anderen denken? Ich blamiere mich voll! Eigentlich gibt es doch gar keinen Grund zu singen, wenn ich richtig drüber nachdenke, dann geht es doch ziemlich schlecht in der Welt zu“ - ganz viele Gedanken kommen einem, warum man es doch sein lässt und den Mund hält. Man schleppt ganz viel Ballast mit sich rum. Gedanken, Vorurteile, schlechte Erlebnisse, die es einem verleiden, die Freude, die Leben machen kann, wirklich mal laut werden zu lassen. Die Angst, vor anderen schlecht oder dumm dazustehen genauso wie die Trauer über eine kaputt gegangene Beziehung oder die Angst wegen einer Krankheit und vieles andere mehr. In den Versen aus der Bibel, die für heute als Predigttext vorgeschlagen sind, macht Jesus einen Vorschlag, wie wir das loswerden können. Er sagt im 11. Kapitel des Matthäusevangeliums: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.“ Erquicken ist ein Wort, das meine Konfirmanden oder Schüler oft nicht verstehen, weil es im Alltag eigentlich gar nicht mehr benutzt wird. Erfrischen, frisch und froh will Jesus uns machen. Ein Joch, das hat man früher über die Schulter gelegt, damit man schwere Lasten schleppen konnte. Die Lasten, die wir schleppen, die kann und will Jesus mittragen. Unsere Angst vor dem Versagen. Unsere Angst, wenn wir oder Menschen, die uns ganz nahe sind, krank sind. Unsere Angst vor dem Tod, unsere Trauer über Tote. Unsere Schuld, weil wir ja genau wissen, dass wir anderen auch Unrecht tun und ihnen das Leben schwer machen. Und vielleicht auch die Unterdrückung, die manche von uns spüren, die Vorurteile, die ihnen entgegengebracht werden, weil sie anders aussehen oder anders Deutsch sprechen. Kommt her. Ich will euch wieder frisch machen, damit ihr leichter durchs Leben gehen könnt. Wem eine schwere Last auf den Schultern liegt, wer sich niedergedrückt fühlt, der kann eben schlecht drauflos singen. Wer aber weiß, dass jemand ihm hilft, die Last zu tragen, der hat auch genug Luft, zu singen. Ein Beispiel hierfür ist für mich die Geschichte der Gospels und Spirituals aus Amerika. Heute bewundern viele, gerade jüngere Menschen, diese oft mitreißende Musik. Aber die ersten, die diese Lieder gesungen haben, waren Sklaven, die unterdrückt wurden und ganz viel zu leiden hatten. Was ihnen Halt und Mut und Kraft zum Singen gegeben hat, war ihr Glauben an Gott. Sie wussten: Für Jesus sind wir nicht der letzte Dreck. Für ihn sind wir ganz viel wert. Andere können uns schlagen und unseren Körper kaputt machen. Aber die Freiheit unserer Seele, die Freiheit, die uns Gott schenkt, die kann uns keiner nehmen. Nehmt mein Joch, meine Lastenstange, auf euch, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen, sagt Jesus. Ja, auch der Glauben bedeutet kein lastenfreies Leben. Erstens geht es auch Menschen, die an Gott glauben, nicht nur gut. Und zweitens ist es ja auch manchmal eine Last, Jesus nachzufolgen. Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig - damit kann man heute nicht mehr gewinnen. Wer Gewalt nicht mit Rache beantwortet, wer nicht mit aller Macht nach vorn kommen will, wer sich zurücknehmen und anstellen kann - der wird oft genug dumm angeschaut, manchmal auch dumm angemacht. Aber es bringt Ruhe und Kraft, nicht alles von sich selbst erwarten zu müssen. Es bringt Ruhe, sich Anerkennung nicht erkämpfen zu müssen, sondern wissen zu können: Gott hat mich schon längst angenommen. Ich muss nicht der Beste, die Schönste oder der Größte sein, damit ich was wert bin. Gott sagt: für mich bist du eine große Nummer, egal was die anderen sagen und denken. Hoffentlich bringt das Menschen, uns dazu, einfach mal loszusingen. Weil wir es uns leisten können, Mensch zu sein. Weil wir nicht jeden Ton treffen müssen, weil wir auch unsere traurigen Lieder singen können. Die Bibel ist voll davon, dass wir auch das dürfen. In den Psalmen, in alten Liedern, heißt es auch: „Ich bin ein Wurm und kein Mensch, alle verachten mich“. Aber die Bibel zeigt auch, dass die, die die Kraft haben, diese traurigen Lieder zu singen, die Kraft bekommen werden, auch andere Lieder zu singen. Weil sie Lasten loswerden, weil Leben auch dadurch leichter wird und neue, fröhliche Lieder möglich werden.
Sache, die uns, glaube ich, zu Menschen macht ist die Gabe, einfach so, ohne tiefere Absicht oder vorher festgelegten Zweck zu singen. Wenn Vögel singen, dann tun sie das, weil sie gerade jemanden suchen, mit dem sie sich vermehren können, weil ihre Hormone sie genauso programmieren, dass sie lossingen. Wenn Wale das tun, dann ist das ihre einzige Möglichkeit, über weite Strecken im Meer Botschaften auszutauschen. Kantate! Singt! So heißt der Sonntag heute. Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder! Vielleicht ist das wirklich die schönste Art, Gott einfach mal Danke zu sagen: Einfach drauflos zu singen, weil ich mich gerade gut fühle und merke, dass das Leben richtig schön sein kann. Vielleicht müssen das auch gar nicht immer fromme Lieder mit frommen Texten sein, vielleicht kann das auch einfach etwas sein, was einem gerade in den Kopf kommt. Ich glaube, Gott versteht dann schon, warum wir singen. Ich glaube nicht, dass wir ihm unsere Freude übersetzen müssen.
Jesus sagt aber hier im Matthäusevangelium noch mehr. Er sagt: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du dies den Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbart. Ja, Vater; denn so hat es dir wohlgefallen. Alles ist mir übergeben von meinem Vater; und niemand kennt den Sohn als nur der Vater; und niemand kennt den Vater als nur der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will. Man muss nicht besonders schlau sein, man muss nicht gut in der Schule sein, besonders gebildet oder besonders alt, um zu verstehen, dass Gott es gut mit einem meint und dass ich als Mensch für Gott was wert bin. Gerade die, denen keiner was zutraut, die in den Augen der anderen, und vielleicht auch nach eigener Meinung, gar nichts Besonderes sind, gerade die erkenne oft mehr von Gott als die, die sich für besonders schlau halten. Für mich ist die Taufe von Bettina, die wir heute feiern und die Taufen von drei Menschen zwischen 17 und 22, die wir, wenn keine Geburt dazwischen kommt, nächste Woche feiern können, genau so ein Zeichen dafür und mehr wert als jede Predigt, die ich halten könnte. Die vier können wahrscheinlich keine langen Vorträge halten, was Glauben alles ist und wer und wie Gott ist. Aber einfach dadurch, dass sie sich mit 12, mit 17, 21 und 22 taufen lassen, predigen sie: Sie zeigen, dass Gott für Menschen in jedem Alter da ist, dass es kein zu früh oder zu spät gibt, seine Einladung, sich lieben zu lassen, anzunehmen. Ich hoffe, dass das für uns alle ein Grund ist, 91% Wurm, 98% Schimpanse und 100% Mensch zu sein und dass wir einfach so in der Lage sind, auch durch ein Lied mal „Danke“ zu sagen. Nicht weil wir müssen, sondern weil wir spüren: Jetzt ist es an der Zeit.

Montag, 4. Mai 2009

Feiern, Freude, Früchte - Jubilate, 03.05.09, Reihe I

Text: Johannes 15,1-8

Liebe Gemeinde!
Soll ich Ihnen heute etwas über die schlechte Wirtschaftslage erzählen? Über die schlechten Lebensbedingungen in der so genannten Dritten Welt oder Entlassungen und Arbeitslosigkeit in Deutschland? Oder vielleicht über die Schweinegrippe? Oder darüber, wie schwer das Leben und wie schlecht die Welt oft genug ist? Oder wollen wir lieber uns zusammensetzen, ein, zwei Gläschen Wein trinken oder, wer keinen Wein mag, Saft oder so und ein bisschen feiern und Spaß am Leben haben? Als Christ muss man ernst sein, oder? Zumindest den Ernst der Lage erkennen. Und ein Gottesdienst ist auch etwas Ernstes, man muss ja nicht immer nur die Schlagzeilen und schlechten Meldungen, die überall zu hören sind, weiter verbreiten, aber feiern und Spaß haben, das ist nicht ernst genug. Oder?
Eigentlich wäre mir heute danach, mit ihnen zu feiern. Und keine lange Predigt zu halten. Aber wenn ich das jetzt machen würde, dann würden die frisch Konfirmierten, wenn sie es denn mitkriegen, sagen: „Ausgerechnet jetzt, wo wir weg sind, macht der Pfarrer das, was wir uns immer gewünscht hätten!“ Und außerdem weiß ich, dass Menschen ja auch deshalb sonntags in den Gottesdienst kommen, weil sie etwas hören wollen, weil ihnen Predigten, auch wenn sie vielleicht nicht immer mit dem Prediger einverstanden sind, etwas bedeuten. „Jubilate“ - jubelt! So heißt dieser Sonntag. Wir haben doch Grund, uns an Gott zu freuen. Wir haben Grund, zu feiern, dass Jesus die Welt verändert hat. Dass er Hoffnung wach hält, auch wenn vieles noch so düster zu sein scheint. Und wir haben jeden Grund, dem auch durch überfließende Freude, auch durch ein Glas Wein, Ausdruck zu geben. Gerade, wenn wir den Predigttext, das heutige Sonntagsevangelium, ernst nehmen. „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“ - das sagt Jesus von sich und von uns. Ich finde es bemerkenswert, dass Jesus eben offensichtlich wollte, dass unsere Verbindung zu ihm, unser Dasein in der Welt nicht nur mit dem alltäglichen und zum Leben Notwendigen verglichen wird wie bei seinem Wort „Ich bin das Brot des Lebens“. Sondern dass Raum für das ist, was für Überfluss und Lebensfreude steht. Die Welt kann ohne Weinstock und Reben, ohne die Früchte davon und den Wein locker überleben - aber das Leben mit Gott, mit Jesus ist eben nicht nur ein nüchternes Überleben in einer oft genug bösen und traurigen Welt, sondern wirklich richtig Grund, Freude am Leben zu entwickeln, den Überfluss auch im scheinbaren Mangel zu entdecken und mit Lust gut zu leben. Gott gönnt uns ein gutes Leben und Freude am Leben - schon das erste Zeichen, das von Jesus im Johannesevangelium berichtet wird, deutet darauf hin. Darauf, dass mit Jesus wirklich Grund zur Freude auch im Alltag da ist. Das erste Zeichen von ihm ist die Verwandlung von Wasser in Wein. Nichts Lebensnotwendiges, sondern etwas, was wirklich weit über das Notwendige hinausgeht und deutlich macht, dass es beim Leben mit Gott, bei der Begegnung mit Jesus wirklich um Fülle und Freude geht. Und diese Freude, diese Fülle, die ist dann zu erleben, wenn ich bleiben kann. „Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht“, so sagt es Jesus.
Bleiben - das hört sich für manche Menschen nach Stillstand an. Und manchmal ist es das auch. Wenn ich will, dass alles so bleibt, wie es im Moment ist, wenn es mir gerade gut geht. Wenn ich Angst vor Neuem habe und mich gern einigeln würde. Wenn ich versuchen will, die Zeit anzuhalten. Aber das meint Jesus ja gar nicht, wenn er vom Bleiben redet. Ich muss nicht immer wieder neu um die Liebe kämpfen, ich muss nicht immer wieder neu um die Kraft zum Leben kämpfen, beides ist mir in der Verbindung zu Jesus geschenkt. Ich darf bleiben. In Verbindung bleiben mit dem, was dem Leben Sinn, Halt und Kraft gibt. In Verbindung bleiben mit der Liebe und der Quelle des Lebens. Ich muss mich nicht ständig neu erfinden. Um im Bild mit dem Weinstock zu bleiben: Ich muss nicht jedes Jahr alles rausreißen und neue Weinstöcke pflanzen. Neue Rebsorten, nur weil sich die Vorlieben der anderen geändert haben. Als Christen, als Gemeinde, als Kirche müssen wir nicht jedem neuen Trend, jeder mode hinterherlaufen und so tun, als müssten wir ständig alles neu erfinden und als würde nur durch unser Tun die Welt in Verbindung mit der Quelle des Lebens, der Wurzel, die Halt gibt, bleiben. Zeit haben, Ruhe finden - etwas ganz wichtiges, um leben und wachsen zu können. Und hier kommt die andere Bedeutung des Bleibens hier bei Jesus zum Tragen. Bleiben heißt nicht Stillstand, sondern das Bleiben an der Quelle des Lebens ist die Voraussetzung, um wachsen zu können.
Bleiben im biblischen Sinne ist heißt nicht, dass sich nichts verändert, sondern es ist die Voraussetzung für Wachstum. Bei einem Weinstock gehört es dazu, dass nicht jeder Jahrgang gleich ist. Die äußeren Einflüsse, denen der Weinstock ausgesetzt ist, tragen mit dazu bei, wie sich die Früchte entwickeln. In zwei Richtungen ist das für mich wichtig.
Zum einen im Blick auf mich ganz persönlich. Es gibt gute Zeiten. Zeiten mit vielen fruchtbaren Begegnungen. Zeiten, in denen ich ganz viel aufnehmen kann, viele gute Ideen habe, in denen ich mich voller Saft und Kraft fühle. In solchen Zeiten können auch ganz pralle Früchte wachsen. Da kann ich viel tun, nicht nur für mich, auch für andere. Da fühlt sich das Leben gut und leicht an und mir fällt es leicht, Liebe zu schenken, Vertrauen zu schenken, anderen Menschen Freude am Leben zu vermitteln. Aber es gibt auch die anderen Momente. Zeiten persönlicher Dürre. Zeiten, in denen ich mich ausgebrannt fühle. Zeiten, in denen ich mit mir selbst so viel zu tun habe, dass die ganze Lebensenergie, die aus der Wurzel kommt, gar nicht so richtig in Früchte wandern kann, sondern von mir selbst gebraucht wird. Die Trauben, die Früchte, sind dann nicht prall und süß, sondern klein und manchmal auch herb.
Zum andern gilt das auch in Richtung auf mich als Christ in dieser Welt, auf uns als Gemeinde, als Kirche in dieser Welt. Als Christ leben, Früchte entwickeln, das geht nicht unabhängig von meinem Lebensumfeld. Christliche Gemeinde auf dem Richtsberg sieht anders aus als in der Elisabethkirche. Es war falsch, als vor 100 und mehr Jahren Missionare zum Beispiel aus Deutschland in Afrika forderten, dass Kirche dort ein Abbild der deutschen oder europäischen Kirche sein sollte. Umgekehrt ist es heute genauso falsch, einfach zu sagen, Kirche ist in Afrika oder in den USA besser, wir müssten versuchen, so viel wie möglich zu kopieren. Die Verbindung zum Weinstock, zu Jesus, die Verwurzelung in der Liebe Gottes, die sorgen dafür, dass etwas wächst, dass Früchte entstehen. Aber wie die Früchte genau aussehen, wie sie im Einzelnen schmecken, das ist nicht unabhängig von der Umgebung, in der sie sich entfalten.
Und wie ist das mit den Reben, die der Weingärtner wegschneidet, weil sie keine Frucht bringen? Müssen wir Gott in jedem Herbst unsere tollen Früchte zeigen, damit wir unsere Daseinsberechtigung behalten, damit er uns nicht von der Quelle des Lebens und der Liebe entfernt? „Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht, denn ohne mich könnt ihr nichts tun“, das sagt Jesus. Die Frucht, die wir bringen, ist nicht unsere persönliche Leistung, sondern Ausdruck dafür, dass wir mit der Leben spendenden Quelle verbunden sind. Die Frucht wächst von allein. Weil eben sie eben vom Weinstock her mit Leben versorgt wird. In manchem Jahr stärker und schöner als in anderen. Ich verstehe das Bild anders. Nicht ich persönlich muss mir Angst machen, dass Gott mich von der Quelle des Lebens trennt. Aber so wie Reben im Herbst auch zurück geschnitten werden, damit sie im kommenden Jahr wieder Frucht bringen, wird es im Laufe meines Lebens manches geben, was sich von der Quelle des Lebens, von Gottes Leben spendender Liebe, so weit entfernt hat, dass es tot ist und zurück geschnitten werden muss. Und das gilt auch für das, was wir für ein christliches Leben halten oder was wir für die Kirche und Gemeinschaft der Christen als wichtig ansehen. Manches überlebt sich, erweist sich als unfruchtbar. Gott sei Dank sieht Kirche heute nicht mehr so aus wie noch vor 100 Jahren, als der Kaiser nicht nur die Politische macht hatte, sondern auch oberster evangelischer Kirchenführer war. Gott sei Dank ist es mittlerweile klar, dass Judenfeindlichkeit in der Kirche nichts zu suchen hat. Gott sei Dank sind gewaltsame Taufen und Bekehrungen und Unterdrückung von Andersgläubigen in unserer Art, Kirche zu leben, Geschichte. Manchmal ist es doch gut, dass Gott totes, was keine Frucht bringt, abschneidet.
Jubilate - Jubelt! Weil unser Gott ein Gott des Lebens ist. Weil er uns mit sich verbunden hat. Und weil seine Liebe, die dem Leben dient und Leben schafft, auch durch uns Frucht bringt. Jubelt, feiert, genießt die Früchte.
Amen