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Freitag, 20. Juni 2008

Alles wird gut!?! - 5. Sonntag nach Trinitatis, Reihe VI

Text: 2. Thessalonicher 3,1-5

Liebe Gemeinde!

Wie geht es jetzt weiter mit Emily, Luise und Evelina, die wir heute getauft haben? Wie geht es weiter mit Pascal und Johanna, die gestern getauft wurden? Alle fünf Kinder, die wir an diesem Wochenende getauft haben, leben mit ihren Eltern in der Chemnitzer Straße. Für Luise und Evelina ist schon klar, dass sie bald ein neues Zuhause haben, bei den anderen ist noch nicht klar, wo die Familie wohnen wird, wenn noch etwas zeit vergeht. Wenn die fünf gesund bleiben, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, je nach Wohnort zwischen 70 und 90 Prozent, dass sie sich mal konfirmieren lassen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie einmal auch in der Kirche heiraten liegt bei etwa 50 % und die, dass sie ihre eigenen Kinder taufen lassen, wieder bei 90 %. Die Taufe hat den Beginn des Lebens mit der Kirche markiert und die Wahrscheinlichkeit ist gar nicht mal so gering, dass sie der Kirche auch erhalten bleiben. Aber sind solche Wahrscheinlichkeitsberechnungen wirklich das Entscheidende, wenn es um die Zukunft von Menschen und damit auch die Zukunft von Kirche geht? Rechenbeispiele täuschen eine Sicherheit vor, die wir nicht haben. Das Leben von jedem einzelnen von uns bleibt, Gott sei Dank, einzigartig und damit unberechenbar.

Das kann manchmal Angst machen. Als Eltern, weil man natürlich gern wissen möchte, dass den Kindern nichts Schlimmes passiert. Man möchte das Beste für sein Kind. Und man spürt doch immer wieder, dass sich längst nicht alles berechnen lässt und sich vieles anders als gedacht entwickeln wird. Aber auch für uns als Kirche, als Gemeinschaft der Getauften, ist es der Blick in die Zukunft nicht immer ohne Angst. Für das eigene Leben, für das was da vielleicht noch kommen mag. Aber auch für die Kirche, so wie wir sie kennen und gewöhnt sind. Da hat sich vieles geändert und sehr viel mehr wird sich noch ändern. Nach außen hat die Kirche in Deutschland, auch hier auf dem Richtsberg, ja viel an öffentlichem Einfluss verloren. Und es gibt genug Leute, auch hier auf dem Richtsberg, denen die Kirche egal ist.

Was wird kommen? Wir wissen es nicht. Aber wir dürfen darauf vertrauen, dass etwas kommen wird, was wir aushalten können. Dass etwas kommen wird, was uns leben lässt, vielleicht in neuen, anderen Bahnen, dass wir aber auch da, wo manches anders als gewollt oder anders als gewohnt verlaufen wird, am Ende wirklich Gott nahe sein werden, so, wie er uns jetzt schon nahe ist. Die Taufe, von jedem einzelnen Menschen, aber auch von uns allen als Gemeinschaft der Getauften, die lässt uns ganz tief in Gott verankert sein. In allem, was im Leben kommen kann. Das fällt einem bestimmt leichter zu glauben, wenn es einem gut geht. Wenn ein Schulabschluss gelingt, wenn an eine gute Arbeitsstelle bekommt, wenn man gesund ist, sich verliebt, eine glückliche Beziehung hat, gewollte und geliebte Kinder. Wenn man zu einer Kirchengemeinde gehört, die wächst und in der die Kirche kaum ausreicht, weil so viele Menschen in den Gottesdienst kommen. Wenn man krank ist, wenn hinten und vorne das Geld fehlt, wenn man gar von einem lieben Menschen viel zu früh Abschied nehmen muss, wenn man das Gefühl hat: „Bei uns in der Kirche geht’s nur noch abwärts“, dann fällt Vertrauen und Hoffnung viel schwerer.

Wie kann das wachsen, Vertrauen und Hoffnung, gerade dann, wenn man Erfahrungen macht, dass nicht alles gerade und gut läuft und dass der Glauben an Gott nicht unbedingt etwas Selbstverständliches und Einfaches ist? Ich finde, dass es helfen kann, mal nachzuschauen, was in der Bibel so steht. Das ist kein vor Jahrtausenden geschriebenes Buch in einem Deutsch, das für Menschen heute oft schwer verständlich ist, sondern da geht es um ganz grundsätzliche Lebenserfahrungen, die Menschen mit ihrem glauben, mit ihren Problemen, mit Gott machen. Um Erfahrungen, die wir heute auch noch machen. Die Christen, die Gemeinschaft der Getauften, an die der 2. Thessalonicherbrief geschrieben wurde, die haben auch die Erfahrung gemacht, dass es nicht immer und überall leicht fällt, an Gott zu glauben. Und dass es Menschen gibt, die einen irre machen. Absichtlich oder unabsichtlich. Und der Apostel, der den Brief geschrieben hat, hat auch genau diese Erfahrungen gemacht. Auch für den, der sich wirklich auf Gott verlässt, läuft nicht immer alles nach Wunsch. Und trotzdem lohnt es sich, zu vertrauen und zu hoffen. Der Apostel schreibt im 3. Kapitel des Briefs:

Betet für uns, dass das Wort des Herrn laufe und gepriesen werde wie bei euch und dass wir erlöst werden von den falschen und bösen Menschen; denn der Glaube ist nicht jedermanns Ding. Aber der Herr ist treu; der wird euch stärken und bewahren vor dem Bösen. Wir haben aber das Vertrauen zu euch in dem Herrn, dass ihr tut und tun werdet, was wir gebieten. Der Herr aber richte eure Herzen aus auf die Liebe Gottes und auf die Geduld Christi.

„Der Herr ist treu. Er wird euch stärken und bewahren vor dem Bösen.“ Das ist das Grundbekenntnis, von dem alles andere erst möglich wird im Leben. Gott lässt dich nicht fallen. Du wirst es schaffen, einen guten Weg zu gehen. Du, Gemeinde, du, Mensch. Weil Gott mit dir geht. Der Satz, der unmittelbar danach kommt, hört sich erstmal sehr bedenklich an: Wir haben aber das Vertrauen zu euch in dem Herrn, dass ihr tut und tun werdet, was wir gebieten. Denkt nicht nach, macht, was ich sage, das wird schon richtig sein. So kann man den Satz verstehen, was aber falsch wäre. Es geht nicht darum, kritiklos, willenlos zu folgen, sondern auf dem Weg zu bleiben, den Jesus als Weg ins Leben gezeigt hat. Auf dem Weg der Liebe, des Vertrauens, der Besonnenheit, des Miteinanders, des Daseins für den Nächsten, auf dem Weg der Vergebung. Auf dem Weg, der zum Guten führt. Nicht nur als Eltern hat man immer wieder Bedenken, dass das so vielleicht nicht klappt. Dass ein Kind, ein Jugendlicher, ein Freund oder eine Freundin einen falschen Weg einschlägt. Aber ohne Vertrauen geht es nicht. Man kann andere Menschen, weder Kinder noch Jugendliche oder Erwachsene nicht festbinden und nicht zum Glück zwingen. Wo das geschieht, dort ist es mit der Liebe Gottes aus. Weil dort nicht der einzelne Mensch mit seinem Recht auf ein ganz eigenes Leben, auf eine ganz eigene Beziehung zu Gott im Mittelpunkt steht, sondern mein Bild davon, wie eine Beziehung zu Gott, wie Glauben auszusehen hat und dem sich alle anpassen müssen. Wenn ich nicht loslassen kann, im Vertrauen darauf, dass Gott zum Guten führt, dann bleibt am Ende ein Gefängnis. Aber was gibt die Kraft, loslassen zu können, zu hoffen und zu vertrauen, dass Gott wirklich Gutes bereit hält?

Für den Apostel ist das klar: „Betet für uns“ schreibt er. Betet für uns, dass die, die Menschen in die Irre bringen, nicht mehr das tun. Ich glaube, dass es bis heute ein ganz wichtiger Bestandteil des Lebens als Getaufte, nicht nur als Eltern und Kinder, ist, dass füreinander gebetet wird und dass man auch weiß, dass es so ist. Schon im ganz normalen Alltag gibt es ja viel Kraft, wenn ich weiß, dass ich anderen Menschen nicht egal bin und dass jemand an mich denkt. Ob das für Schüler bei Klassenarbeiten oder Prüfungen ist, ob das ist, wenn jemand eine schwierige Untersuchung hat oder krank ist, ob das bei Problemen in der Familie ist: wenn ich weiß, dass ich nicht allein bin, dass auch meine Sorgen und Nöte bei anderen gut aufgehoben sind, fällt es mir leichter, schwere Situationen auszuhalten. Und wenn man dann noch weiß, dass dem anvertraut werden, der der Grund unseres Daseins ist, der die Liebe selbst ist, dann kann zwar auch etwas schief gehen, aber auch in dem, was nicht so gelingt, kann ich spüren, dass ich gehalten und geliebt bin. Gebet ist kein Ersatz für das Lernen vor Klassenarbeiten, für notwendige medizinische Behandlungen oder für den vergessenen Regenschirm bei Regenwetter. Gebet stärkt aber die Gemeinschaft untereinander und hilft dabei, immer wieder neu zu spüren, dass Gott da ist und dass er es gut meint. Füreinander beten, sich gegenseitig stark machen in der Gemeinschaft der Getauften, damit der unberechenbare Weg in die Zukunft gelingt - für mich heißt das auch, dass wir als Gemeinde für Eltern und Paten beten, wie wir es nach der Taufe tun, um deutlich zu machen, dass Taufe nicht nur in der Gemeinschaft der Familie wichtig ist, sondern auch darüber hinaus Menschen zum Guten verbindet. Bei alledem ist natürlich auch der vielleicht modern klingende Satz „Der Glaube ist nicht jedermanns Ding“ nicht unwichtig. Es ist eine ganz wichtige Einsicht, dass Glauben nicht herbei gezwungen werden kann. Zwang führt weder zu Liebe noch zu Geduld. Gott liebt uns und hat Geduld mit uns - auch wenn wir Wege gehen, die von ihm wegführen. Aus dieser Liebe und Geduld, die uns gilt, selbst Liebe und Geduld zu schenken, den Menschen, die uns begegnen. Das ist eine Gabe Gottes. Und eine Stärkung auf dem Weg, der zu ihm führt. Auf dem Weg durch das Leben, der unberechenbar ist, aber unter seiner Verheißung der Vollendung zum Guten steht.

Amen.

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