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Freitag, 7. Juni 2013

Baby bitte mach dir nie mehr Sorgen um Geld - 2. Sonntag nach Trinitatis, Reihe V, 09.06.2013

Text: Jesaja 55,1-5 (wird während der Predigt aus der Übersetzung "Die Bibel in gerechter Sprache" gelesen)
Zu Beginn der Predigt gibt es Ausschnitte aus "Einmal um die Welt" von Cro zu hören

Liebe Gemeinde!
„Baby, bitte mach dir nie mehr Sorgen um Geld“ – Einmal um die ganze Welt als eine Rieseneinkaufstour mit einem Wandsafe, aus dem das Geld einfach so sprudelt. Purer Luxus im Überfluss. Das ist nicht gerade das, wozu Gott die Menschen eingeladen hat, zu einem grenzenlosen Luxusleben. Aber ich habe mir das Lied für diesen Gottesdienst nicht ausgesucht, um zu sagen: „Schaut mal da, die böse Welt, in der lauter falsche Werte vorgelebt werden! Wie gut, dass wir in der Kirche besser sind!“ Ich glaube nicht, dass man das so allgemein sagen kann. Ich habe das Lied aus zwei Gründen ausgesucht. Erstens hat es für mich, den Text mal gar nicht berücksichtigt, einen hohen Gute-Laune-Faktor. Ich höre morgens gern Radio und mir fällt das Wachwerden mit so einem Lied leichter. Und ich denke, dass man gar nicht genug Gute-Laune-Sachen im Gottesdienst haben kann. Glauben und Gottesdienst ist für mich nichts, was einem das Leben schwer macht, sondern einem das Aufstehen in jeder Hinsicht erleichtert und einem hoffentlich ein rundherum ein gutes Gefühl gibt. Und für mich drückt sich das auch in dem Predigttext aus, der für heute vorgesehen ist. Doch dazu gleich mehr. Zuerst noch der zweite Grund: Das Lied hält mir und vielen andere den Spiegel vor, wie wir mit Geld umgehen. „Mach dir nie mehr Sorgen um Geld“ – welche Rolle spielt Geld eigentlich? Im Moment dreht sich jede zweite Diskussion auch in der Kirche darum, dass das Geld immer knapper wird und hinten und vorne nicht reicht. Außerdem müssen sich nicht nur hier auf dem Richtsberg viele Menschen Sorgen ums Geld machen. Spätestens dann, wenn die Strom- oder Heizungsabrechnung kommt und ein saftiger Nachschlag wieder mal fällig wird. Diejenigen, die wenig haben, sorgen sich darum, wo das Nötigste herkommt. Diejenigen, die viel Geld haben, sorgen sich darum, wie sie noch mehr davon kriegen können. Und diejenigen, die irgendwo so in der Mitte sind, reden nicht gern darüber, wie viel sie verdienen oder auf dem Konto haben. Geld wird zu etwas ganz Besonderem gemacht. Oder ist es vielleicht auch in unserer Art zu leben. „Baby, bitte mach dir nie mehr Sorgen um Geld“ – wenn man nur diese eine Zeile nimmt und mal den Rest von dem Text streicht und die Gute-Laune-Melodie übrigbehält, könnte das Lied für mich die Vertonung unseres heutigen Predigttextes aus der Bibel sein. Er steht beim Propheten Jesaja im 55. Kapitel:
Lesen: Jes 55,1-5 (Bibel in gerechter Sprache)
„Mach dir nie mehr Sorgen um Geld“ – denn dein sauer verdientes Geld brauchst du nicht für unnützes Zeug, das dir im Leben nicht weiter hilft, auszugeben. Du kriegst das, was du wirklich brauchst – Wasser und Brot sind Symbole dafür – völlig umsonst. Kauf ohne Geld. Und du kriegst nicht nur die Billigversion, das absolut Nötigste, sondern du kriegst den echten Überfluss an dem, was du für dein Leben wirklich brauchst – und auch hier sind Wein und Milch und Nahrhaftes, wörtlich steht da „fette Speisen“, auch wieder Symbole. Ohne Geld nicht im 1-Euro-Shop des Lebens, sondern im absoluten Lebens-Luxus-Kaufhaus einkaufen. Noch dazu  sich den Luxus nicht unrechtmäßig sich aneignen, also klauen, sondern hoch offiziell vom Chef persönlich geschenkt zu bekommen. Ein Traum, von dem der Prophet hier erzählt. Ein Traum – und zu schön, um wahr zu sein? Wenn man von teuren Schuhen, von Luxusurlaub oder Champagner bis zum Abwinken und
darüber hinaus träumt, sicher zu schön, um wahr zu sein. Wobei für mich die Frage ist, ob der Traum dann wirklich schön wäre. Aber die Geschmäcker sind ja verschieden. Trotzdem glaube ich, dass dieser Traum wahr werden kann und auch immer wieder wahr wird, weil Gott der Chefverkäufer ist, der uns das, was wir im Leben wirklich brauchen, eigentlich tatsächlich im Überfluss nicht nur schenken will, sondern wirklich schenkt. Bei ihm können wir tatsächlich ohne Geld einkaufen. Er will keinen Gewinn mit uns machen, sondern er will, dass wir auf der Gewinnerseite stehen.
Damit wir aber auf der Gewinnerseite stehen können, sollten, glaube ich, zwei Sachen passieren. Die eine Sache ist, dass wir nicht den Reflex haben, bei dem Versuch, dem Geld nicht zu viel Wichtigkeit zu geben, das Kind sozusagen mit dem Bade auszuschütten und so tun, als dürfte man als Christ nicht über Geld reden oder nichts mit Geld zu tun haben. Ohne Geld können wir Menschen nicht fair bezahlen – weder Jugendarbeiter und Hausmeister auf dem Richtsberg noch Textilarbeiter in Bangladesch, die unsere Kleidung nähen. Und ich glaube, dass wir die Sorgen der Menschen, die sich krummlegen und trotzdem die Stromrechnung nicht bezahlen können oder die es sich nicht leisten können, ihren Kindern Nachhilfe geben zu lassen oder die Schwierigkeiten haben, notwendige Medikamente oder Zahnersatz oder die neue Brille zu bezahlen, nicht ernst nehmen, wenn wir leichtfertig sagen: Geld ist total unwichtig. Es ist ein Skandal, dass Reichtum immer ungleicher verteilt wird und das in einem reichen Land wie Deutschland Bildung und Gesundheit sehr wohl abhängig vom Geldbeutel sind. Es darf nicht darum gehen, Geld zu verteufeln und so denen, die sich um Notwendiges bemühen, ein schlechtes Gewissen zu machen, sondern es muss darum gehen, sich für eine gerechtere Verteilung von Reichtum einzusetzen. Das ist das eine.
Das andere ist, das wir nicht zu schnell mit den üblichen Standardfloskeln bei der Hand sind, wenn es um die Frage geht, was im Leben wirklich wichtig ist und was man sich nicht kaufen kann. Familie, Freundschaft, Gesundheit sind dann gern gegebene Antworten. Und das ist auch nicht wirklich falsch. Aber was ist mit Menschen, die keine Familie haben? Was ist mit Menschen, die ohne eigene Schuld vielleicht wirklich einsam sind? Und mit denen, die unheilbar krank oder schwer behindert sind? Pech gehabt? Ich glaube, das, was wirklich nicht käuflich ist und was eine echte Frucht des Glaubens an Gott und was der pure Luxus ist, den Gott schenkt, ist das Gefühl oder besser noch das Wissen, Sein zu dürfen. Da sein zu dürfen. Gesund oder krank, mit oder ohne Kinder, allein oder in einem riesigen Freundeskreis. Vielleicht entdecke ich neue Freunde, vielleicht werde ich gesund, kann alles sein und wäre alles wunderbar. Aber das entscheidende Geschenk, dass ich mir für kein Geld der Welt kaufen kann, ist das Wissen, selbst wertvoll zu sein. Unabhängig vom Urteil anderer Menschen, unabhängig davon, wer mich warum schön findet, unabhängig davon, ob ich verheiratet bin oder nicht. Aus dem Luxus heraus, sein zu dürfen, mir meinen Platz im Leben nicht kaufen oder nicht gegen andere erkämpfen zu müssen, sondern ihn durch Gottes Liebe schon längst zu haben, kann alles andere in einem neuen Licht scheinen und auch die Kraft wachsen, nicht nur das eigene Leben zu sehen, sondern auch andere Menschen wahrzunehmen und ihnen zu helfen.
„Hört, und ihr werdet leben!“ Um dieses Luxusgeschenk zu bekommen, muss ich also nicht wer weiß was für merkwürdige Dinge tun, sondern einfach nur mal hinhören. Schwer genug in einer Zeit, in der von jedem erwartet wird, dass er zu allem was zu sagen hat. Ruhig bleiben, still werden, nicht glauben, alles zu wissen, nicht mit vorschnellen Rezepten allen erzählen, was toll und gut ist, sondern einfach mal zuhören. Der Luxus pur. Denn Hören braucht Zeit. Zeit, in der ich mich auf den konzentriere, der mit mir redet. Auf Gott. Zeit ist Geld? Nein, Zeit ist wichtiger, sie kann ich wirklich nicht kaufen. Ich kann und muss sie mir nehmen – so wie das Geschenk, das Gott uns macht. Das Geschenk, Sein zu dürfen. Ohne etwas Besonderes leisten zu müssen. Ohne viel haben zu müssen. Das, was ich brauche, um mich mit Luxus beschenken zu lassen, ist nicht Geld zum Kaufen sondern Zeit zum Hören. Zeit habe ich. Jede Menge, von Gott geschenkt. Ich muss sie mir nur nehmen, damit ich hören und für mich annehmen kann: „Baby, bitte mach dir nie mehr Sorgen um Geld, reich mir nur deine Hand,“ aber das, was wir dann von dem Hören, der zu uns ruft ist nicht „ich kauf dir morgen die Welt“ sondern: „ich schenk dir morgen die Welt“. Und nicht nur mir oder dir oder uns auf dem Richtsberg oder in Deutschland oder uns Christen und den Juden. Sondern allen Menschen. Gott lässt sich nicht darauf ein, dass Menschen sein Geschenk exklusiv für einen kleinen Kreis machen wollen, sondern er ist extrem großzügig und freigiebig. „Schau, fremde Völker, die du noch nicht kennst, wirst du rufen und fremde Völker, die dich nicht kennen, eilen zu dir um Gottes willen“. Weil es hier das attraktivste Geschenk gibt: Das Wissen, sein zu dürfen. Mensch sein zu dürfen.  Nicht, weil ich was Besonderes wäre oder leisten müsste, sondern weil ich da bin. Auch als Fremder, auch als der, der noch nie oder lange nichts von Gott was wissen wollte. Gott lädt ein, sich beschenken zu lassen. Hoffentlich bin ich  mutig genug, dieses Geschenk anzunehmen, hoffentlich traue ich mich zu leben und kann dann aus vollem Herzen mitsingen: „Baby, bitte  ach dir nie mehr Sorgen um Geld, reich mir nur deine Hand“ Baby, weil ich weiß, das Gott eine echte Liebesbeziehung zu mir hat und weil ich deshalb hoffentlich auch die Kraft bekomme, zu anderen gute Beziehungen aufzubauen und ihnen die Hand zu reichen. Bekannten und Unbekannten. Ohne aufs Geld zu schauen und mich von der Sorge ums Geld verrückt machen zu lassen, weil ich weiß: ich darf sein.
Amen

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