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Sonntag, 23. August 2009

Erster! - Bolt's Arms - Weltmeister! - Vom Pharisäer und Zöllner, 11. n. Tr., 23.08.09, Reihe I

Text: Lk 18,9-14

Liebe Gemeinde!

Ich bin nicht der schnellste Mann der Welt. Ich war nicht der Beste bei den Prüfungen, die ich machen musste. Bei einem Schönheitswettbewerb würde ich nicht gewinnen. In meinem Leben habe ich nicht nur Sachen gemacht, auf die ich stolz sein kann, sondern auch manchmal was, was nicht in Ordnung war. Worauf kann ich stolz sein? Es ist ein tolles Gefühl, wenn man etwas besser kann als alle anderen, wenn man ganz vorne ist. Vielleicht ist ja heute auch jemand hier im Gottesdienst, der etwas besonders gut kann und in irgendwas ganz toll ist! Vielleicht traut er oder sie sich jetzt nicht, das zu sagen, um nicht als Angeber dazustehen. Ich glaube, dass es nicht nur heutzutage zwei hauptsächliche Typen von Menschen gibt. Die einen, die ziemlich schmerzfrei sind und mit allem, was sie haben, zeigen, wie toll sie sind. Und die anderen, die sich nicht trauen, auch mal zuzugeben, dass sie was können. Da wirkt der Satz, den Jesus am Ende von dem Gleichnis sagt, das wir gerade gehört haben, schon noch nach: „Wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.“ Flieg nicht so hoch, mein kleiner Freund… - aus großer Höhe kann man tief stürzen! Lieber die Belohnung zum Schluss als am Ende unten liegen! Dabei ist es doch etwas ganz Schönes, wenn man etwas gut kann, wenn man etwas gut gemacht hat und sich darüber auch richtig freuen kann. Es ist doch toll, wenn man hart trainiert hat und dann einen Wettkampf gewinnt und wirklich Bester oder Beste ist. Es ist doch schön, wenn man in der Schule gut gearbeitet hat und dann ein Abschlusszeugnis hat, auf das man stolz sein kann. Und es ist doch prima, wenn andere sehen, dass man gut arbeitet und dann das Zutrauen haben, dass der einen tollen Posten verdient und ein guter Vorgesetzter sein kann. Ich glaube, dass der Pharisäer, der fromme Mann, von dem Jesus in seinem Gleichnis erzählt, tatsächlich ein guter Kerl war, der auf seine Art zu leben stolz sein konnte. Ich glaube, dass er viel Gutes getan hat und sich viel mehr als andere bemüht hat, im Glauben an Gott alles richtig zu machen. Das Einzige, was man ihm vorwerfen kann, ist aber auch dann schon das Entscheidende: der fromme Mann, der Pharisäer, hat sich nicht einfach daran gefreut, dass er gut ist, sondern er hat es als Waffe gegen andere benutzt. „Danke, dass ich besser bin als die anderen“ - vielleicht ist das wirklich eine Haltung, die tief menschlich ist. Es reicht nicht, einfach nur gut zu sein. So richtig toll ist es erst dann, wenn ich auf andere herabsehen kann. So richtig schön ist es erst, wenn ich im Vergleich mit anderen als Bester dastehe. Im Sport ist ja auch nichts dagegen zu sagen. Und nicht nur als Kind haben mir Spiele dann am meisten Spaß gemacht, wenn ich gewonnen habe. Falsch wird es aber dann, wenn ich aus der gemachten Erfahrung, dass ich irgendwo mal besser als andere bin, den Schluss ziehe, dass der andere ein schlechterer Mensch ist. Falsch wird es, wenn ich den andern klein und dumm und unten lassen will, damit ich besser dastehe. Falsch ist die Denkweise, die nicht nur der Pharisäer in dem Gleichnis von Jesus hat: weil ich so toll bin, muss Gott mich einfach lieber haben als die anderen. Ich will lieb gehabt werden - möglichst lieber als andere. Das ist sehr menschlich. Das fängt bei Geschwistern an. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass einen da schon manchmal die Frage bewegt: Wen hat mein Papa, wen hat meine Mama eigentlich lieber? Und manchmal macht man dann auch so einen Wettbewerb im „Liebsein“, damit man lieb gehabt wird. Das macht der Pharisäer hier auch. Und ich glaube nicht, dass er damit bis heute allein da steht. „Du musst mich doch lieb haben, weil ich alles für dich tue! Und du musst mich nicht nur lieb haben, sondern die, die das so nicht machen, darfst du nicht lieb haben!“ Vielleicht kann man das Gebet des Pharisäers auch so verstehen. Ich hab’s verdient - im Gegensatz zu anderen. Aber Liebe kann man nicht verdienen. Respekt kann man sich verdienen und erarbeiten. Achtung vielleicht. Aber nicht Liebe. Liebe heißt auch, sich verletzlich machen. Sich selbst, das eigene Leben dem anderen anzuvertrauen - im Vertrauen darauf, dass der andere das nicht ausnutzt. Liebe heißt, sich fallenlassen können, auf Sicherheiten verzichten.

Vielleicht ist das der große Unterschied zwischen dem Pharisäer und dem Zöllner. Der Pharisäer vertraut nicht auf die Liebe, er vertraut Gott nicht wirklich, sondern er traut in erster Linie sich selbst und seiner Leistung. Der Zöllner lässt sich fallen: „Gott, sei mir Sünder gnädig!“ Er weiß, dass er nichts vorzuweisen hat. Er weiß, dass er jede Menge Dinge falsch gemacht und Schuld auf sich geladen hat. Er gibt sich ganz in Gottes Hand. Er vertraut darauf, dass Gott seine Schwäche nicht ausnutzt. Und so kann die Liebe ihren Platz bekommen. Er vergleicht sich nicht, er macht andere nicht schlecht, um besser da zu stehen. „Hier bin ich. So bin ich. Hilf mir. Nimm mich an.“ Liebe, Gnade, Vergebung, das ist kein Wettbewerb, sondern Ausdruck einer guten, einer lebendigen Beziehung.

Es geht in diesem Gleichnis, das Jesus erzählt, nicht darum, dass es schlecht wäre, sich an Regeln und Gebote zu halten. Es ist ein Missverständnis, wenn man die Geschichte so auslegen würde, dass derjenige, der sich an die Regeln hält, von Gott nicht geliebt wird und der, der alles oder zumindest viel falsch gemacht hat, von Gott mehr geliebt wird. Wenn ich weiß, dass etwas gut und richtig ist, dann muss ich das auch machen. Wenn ich etwas falsch gemacht habe und ich dazu stehe, aber nicht bereit bin, mich oder mein Verhalten zu ändern, dann hat das gar nichts mit Liebe zu tun. Es geht darum, vom Leistungsdenken in der Liebe und im Glauben weg zu kommen. Tolle Leistungen sind gut - aber sie machen einen nicht zu einem liebenswerteren, besseren Menschen. Was uns zu echten Menschen macht, ist die Fähigkeit, zu lieben, Liebe anzunehmen, nicht gegeneinander auf Kosten anderer, sondern miteinander zu leben. Uns gegenseitig zum Leben zu helfen und Gottes Hilfe anzunehmen. Seine Liebe, die uns wieder zurechtbringen will, wenn wir uns verrannt haben. Und auch in dieser Liebe keinen Wettbewerb zu sehen, den wir gewinne müssten, sondern eine Einladung, wirklich Mensch zu werden. Uns ehrlich anzuschauen - mit Gottes Augen. Als liebenswerte, aber eben nicht immer nur gute Geschöpfe. Amen

Dienstag, 18. August 2009

Auf die Liebe, fertig, Los! 10. n. Tr., 16.08.09, Reihe I

Text: Mk 12-28-34

Liebe Gemeinde!
Kann man Liebe befehlen und verordnen? Wenn die Eltern oder die Freunde sagen: „Das wäre doch der richtige Mann oder die richtige Frau für dich, den oder die musst du heiraten!“ und bei einem selbst keine Gefühle da sind - dann wird es vermutlich schief gehen, wenn man es tut. Und selbst die scheinbar natürliche Liebe zwischen Eltern und Kind kann eben weder befohlen werden noch ist sie selbstverständlich. Malvin, Chanel und Michelle haben Glück gehabt - aber erst letzte Woche war wieder eine von leider viel zu vielen erschreckenden Meldungen in den Nachrichten, dass Eltern ihre Tochter haben verhungern lassen. Und ich glaube, dass man noch nicht mal bis zu diesen spektakulären Fällen gehen muss.Ich glaube, jedem von uns fallen Eltern ein, die mit ihren Kindern gar nicht liebevoll, vielleicht noch nicht einmal respektvoll umgehen und auch Kinder, die ihre Eltern weder liebe- noch respektvoll behandeln. Und damit meine ich nicht den Normalfall pubertierender Jugendlicher, die in einem schmerzhaften Prozess ihren eigenen Weg suchen und wo hinterher wieder Annäherung möglich ist, sondern vor allem längst erwachsene Kinder, die alles andere als liebe- und respektvoll sind. Liebe kann man nicht befehlen, sie ist leider auch nicht so selbstverständlich und natürlich, wie wir es oft gern hätten. Sie ist ein Geschenk, eine Gnade. Ist es deshalb vielleicht sinnlos, was Jesus in dem Gespräch, das wir als Predigttext gehört haben, dem Schriftgelehrten sagt, nämlich dass die unbedingte Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten wie zu sich selbst das höchste Gebot ist? Ist es Unsinn, dass der Schriftgelehrte das auch noch bestätigt und betont, dass uns nicht Äußerlichkeiten und Rituale zu Gott, dem Grund des Lebens, bringen, sondern die Liebe in dieser dreifachen Form - zu Gott, zum Nächsten, zu sich selbst? Nein, ich glaube nicht, dass es sinnlos oder unsinnig ist, so von Liebe zu reden. Vielleicht lenkt gerade diese scheinbar so widersprüchliche Art, von der Liebe zu reden, die Gedanken auf etwas Wichtiges. Liebe ist kostbar, nichts Selbstverständliches. Und wenn man nichts damit macht, nichts tut, dann wird sie verloren gehen.
Da ist einmal die erste Art der Liebe, von der Jesus und der Schriftgelehrte reden. Die Liebe zu Gott. Von ganzem Herzen, mit ganzer Kraft und Seele. Hier wird noch einmal extrem deutlich, dass man diese Liebe wirklich nicht befehlen kann. Glauben, in keiner Form, kann man herbeizwingen. Selbst im Koran, dem heiligen Buch der Muslime, die ja von vielen so oft mit Zwang im Glauben in Verbindung gebracht werden, steht der schöne Satz: „Zwang darf nicht im Glauben sein“. Zwang geht nicht - aber ich brauche eigenen Antrieb, eigene Initiative, wenn es um den Glauben und die Liebe zu Gott geht. Ich brauche den Mut, mich nicht auf messbare Lebenserfolge wie Geld, Ruhm und Ansehen zu beschränken. Den Mut, nicht dem Stärkeren einfach Recht zu geben. Den Mut, Nein zu sagen, wenn anderen gesagt wird: du bist nichts wert - als Hauptschüler, als Russe, als Behinderter, als… - da gibt es viel zu viel. Es braucht Mut und Kraft, sich nicht damit zufrieden zu geben, dass der Tod die letzte Macht im Leben hat. Es braucht Kraft, auch zu Zweifeln und Fragen zu stehen und Gott auch auf das anzusprechen, was man nicht versteht. Liebe kostet Kraft. Sie ist eigentlich nie der einfache, billige Weg. „du sollst Gott lieben mit allem, was zu dir gehört“ - das heißt nicht, du sollst dich zwingen lassen, an Gott zu glauben, sondern es ist die Aufforderung: Setz deine Kraft ein. Glaub nicht, dass es einfach und billig ist. Sei bereit, auch Anstrengungen, auch im Geist, auf dich zu nehmen. Ich finde es ehrlich, nicht so zu tun, als wäre alles immer nur einfach, sondern auch zu sagen: Glauben an Gott, der die Liebe ist, ist nicht der leichteste Weg im Leben. Äußerlichkeiten sind leichter. Auch wenn ich denke, meinen Glauben so zeigen zu können. Durch Opfer, durch Geldspenden, dadurch, dass ich auf eine bestimmte Art bete oder immer in die Kirche gehe. Das alles kann ein guter Ausdruck des Glaubens und der Liebe sein, aber das alles bleibt leer, wenn es an der inneren Beteiligung fehlt. as Wichtigste aber an dem, was Jesus und der Schriftgelehrte hier deutlich machen ist, dass es in der Beziehung zu Gott nicht nur um mich und mein ganz persönliches Seelenheil geht. Du sollst Gott lieben - investiere deine Kraft, keine Frage - und auch deinen Nächsten wie dich selbst. Gott lieben, an Gott glauben kann ich nicht, ohne dass ich die Menschen um mich herum nicht wahrnehme. Wenn ich sage: „Ich glaube an Gott und ich gehe in die Kirche und ich bete jeden Tag und lese immer in der Bibel“ und dabei meine Mitmenschen übersehe und sie wie Dreck behandle, dann nützt mir auch mein frommes Getue nichts. Gott und die Menschen gehören zusammen. Glauben, Religion, das ist was, was im Alltag spielt - oder es spielt eben keine Rolle mehr. Den Nächsten lieben - das heißt ja nicht, dass sich bei jedem, der mir begegnet, gleich Kribbeln im Bauch kriege, sondern dass ich ihn als Menschen sehe und seine Lebensmöglichkeiten fördere und mich da für ihn einsetze, wo er es bzw. mich braucht. Der springende Punkt bei alldem, bei der Liebe zu Gott und der Nächstenliebe, ist aber das Dritte, das hier nicht erst von Jesus erwähnt wird, sondern das ja schon im Alten Testament steht: „Liebe deinen Nächsten WIE DICH SELBST“. Es geht im Glauben nicht darum, sich selbst aufzugeben und als unwichtig ganz nach hinten zu stellen. Sondern es geht auch darum, sich selbst lieben zu lernen. Nicht selbstverliebt nur sich selbst zu sehen, sondern sich als liebenswert in der Gemeinschaft mit anderen zu erleben. Bevor wir überhaupt anfangen zu lieben - ob nun Gott oder Mitmenschen oder eben beide - dürfen wir wissen, dass wir geliebt werden. Bevor wir antworten können, hat Gott schon längst Ja zu uns, zu unserem Leben gesagt. Du bist was wert, du bist geliebt. Lieben, Liebe schenken, das kann nur der Mensch, der Liebe empfangen hat. Wer glaubt, nicht liebenswert zu sein, der kann zwar anderen Gutes tun, aber nicht wirklich lieben. Ich wünsche uns, dass wir durch die Art und Weise, wie wir miteinander leben
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als Gemeinde, auf dem Richtsberg und in den Familien und Freundeskreisen, anderen Menschen helfen, zu entdecken, dass sie was wert sind, dass sie geliebt sind - auch von Gott. Dass wir der Liebe nicht im Weg stehen und sie verdunkeln, sondern dass wir sie selbst erleben und mit eigenem Leben füllen. Amen

Montag, 10. August 2009

Mehrwert - mehr Vertrauen! 9. n. Trinitatis, Reihe 1

Text: Matthäus 25,14-30

Liebe Gemeinde!
Es ist schon ein bisschen seltsam, dass ausgerechnet in einer Zeit, in der deutlich wird, dass die Gier, große Gewinne bei Geschäften zu machen, zum Zusammenbruch führt, ein Gleichnis, das Jesus erzählt, als Predigttext vorgesehen ist, in dem zwei dafür gelobt werden, dass sie das eingesetzte Geld verdoppelt haben und der, der vorsichtig war, rausgeschmissen wird. Gibt’s jetzt gewissermaßen doch göttlichen Segen für die, die den Sinn des Lebens darin sehen, möglichst viel Gewinn anzuhäufen und für sich selbst möglichst viel dabei herauszuholen?
Gott als der, der hohe Gewinne fordert - auf den ersten Blick kann man diese Geschichte von Jesus so verstehen. Ein Gott, der Angst vor dem Versagen macht. Aber wie so oft im Leben täuscht der erste Blick. Eigentlich geht es um das Gegenteil. Der unermesslich reiche Mensch im Gleichnis, den man sicher in vielem mit Gott vergleichen kann, ist zuallererst nicht der, der Angst macht, sondern der, der Freiheit und Vertrauen schenkt. Er vertraut seinen Knechten, seinen Sklaven, sein Vermögen an. Es ist für alle drei mehr, als jeder von ihnen je hätte sparen können, für den ersten sogar viel mehr, als er in seinem ganzen Leben als Lohn hätte bekommen können. Er gibt keine Drohungen mit, er setzt keinen Oberaufpasser ein. Er gibt ihnen einfach sein Vermögen und sagt: „Macht was draus!“ Und dann geht er weg, ist außer Landes, außer Reichweite. Für mich ist das ein sehr gutes Bild von menschlichen Erfahrungen mit Gott. Gott lässt uns Menschen Freiheit. Er ist nicht ständig als Oberaufseher da und sagt „Tu, dies, lass das!“ Er gibt den Menschen Möglichkeiten, was zu tun - aber er nimmt Menschen das Leben, das Handeln nicht ab. Dietrich Bonhoeffer, ein Pfarrer, der seinen Einsatz gegen die Nazis mit dem eigenen Leben bezahlt hat, hat einmal gesagt: „… wir können nicht redlich sein, ohne zu erkennen, daß wir in der Welt leben müssen. … Gott gibt uns zu wissen, daß wir leben müssen als solche, die mit dem Leben ohne Gott fertig werden. … Der Gott, der uns in der Welt leben läßt ohne Arbeitshypothese Gott, ist der Gott, vor dem wir dauernd stehen. Vor und mit Gott leben wir ohne Gott.“ Hört sich kompliziert an. Heißt aber nichts anderes, als dass wir Gott missbrauchen, wenn wir ihn als Lückenbüßer, Joker oder Oberaufpasser darstellen. Wir müssen in diesem Leben, in dieser Welt damit fertig werden, dass wir Gott nicht immer direkt begegnen und dass er manchmal ganz weit weg zu sein scheint. Und ganz praktisch: Wenn ich einem anderen Menschen helfe und ihm was Gutes tue, dann ist es für das Ergebnis zwar egal, ob ich das tue, weil ich Angst habe, dass Gott mich sonst bestraft oder ob ich es tue, einfach weil der andere da ist und Hilfe braucht und ich die Möglichkeit dazu habe. Aber es macht mich kaputt, wenn ich ständig Angst vor Strafe haben will. Gott will, und das macht auch diese Geschichte, die Jesus erzählt, klar, die Angst vor Strafe nehmen und uns frei dazu machen, wegen unserer Möglichkeiten und weil andere es nötig haben zu handeln. Angst vor Strafe schafft eine Welt, die wirklich wie ein Gefängnis ist und in der „Heulen und Zähneklappern“, wie es im Gleichnis heißt, sein wird. Der Punkt, um den es in dem Gleichnis, das Jesus erzählt, geht, ist, dass nicht der wirtschaftliche Misserfolg bestraft wird, sondern dass sich die Angst vor Strafe und die Angst vor Misserfolg, die dazu geführt hat, das Vertrauen nicht mit eigenem Handeln zu führen, praktisch selbst bestraft. Angst und Misstrauen schaffen eine Welt, die nicht lebenswert ist. Und erst recht gilt das für das, was Jesus hier „Himmelreich“ nennt. Wer in Gott nur den strafenden Prüfer und Oberaufpasser sieht, wer geschenktes Vertrauen nicht annehmen kann, der wird die Freiheit, die Gott schenkt, das Leben, das bei ihm möglich ist, das Gute nie erfahren. Aber in dem Gleichnis stecken noch mehr Dinge, die, wie ich finde, für den Alltag ganz brauchbar sind. Da ist das Aufräumen mit dem Missverständnis, dass die Gleichwertigkeit der Menschen gleichbedeutend mit der Gleichheit sein muss. Der reiche Mann im Gleichnis verteilt sein Vermögen nach den Fähigkeiten und Möglichkeiten, die die Einzelnen haben. Wer viel hat, wer viel kann, von dem kann man viel erwarten. Es gibt andere, deren Möglichkeiten sind beschränkter, da können die Erwartungen geringer sein. Menschen sind ungleich in ihren Voraussetzungen, Fähigkeiten, Talenten. Aber auch der mit weniger Möglichkeiten und Talenten bekommt das gleiche Vertrauen in seine Möglichkeiten und am Ende wird bei denen, die nach ihren Möglichkeiten ihre Talente und Fähigkeiten eingesetzt haben, kein Unterschied gemacht. Es kommt also nicht drauf an, darauf zu schielen, was der andere vielleicht mehr bekommt oder besser kann oder sich schlecht zu fühlen, weil man manches nicht kann oder weniger hat, sondern aus dem, was man hat, was zu machen. Jeder ist es wert, dass man ihm Vertrauen schenkt. Jeder, der mit seinen Möglichkeiten was gemacht hat, egal, wie viel herauskommt, wird in dem Gleichnis gleich wert geschätzt. Ob ich reiche Eltern habe, ein Studium gemacht habe oder ob ich in Armut, vielleicht ohne Eltern und vielleicht auch ohne Schulabschluss aufwachse: ich bin nicht mehr oder weniger wert. Auch wenn manches mehr Möglichkeiten eröffnet. Aber auch wenn ich wenig habe: ich kann was draus machen. Der Dritte in dem Gleichnis macht eben nichts aus dem Vertrauen, nichts aus dem, was er bekommt. Selbst wenn es zutreffen würde, dass der reiche Mann hart und ungerecht ist, was er ja nicht ist, hätte er mit seiner Angst einen sicheren Weg gehen können, wenigstens ein Minimum aus dem Vertrauen herauszuholen. Aber er bleibt, wie gesagt, in Angst und Misstrauen gefangen. Die Angst macht ihn blind. Wenn es in dem Gleichnis um das Reich Gottes geht, das noch nicht da ist, aber mit Jesus schon angefangen hat, dann wird deutlich, dass es darum geht, dass Vertrauen Früchte bringt, dass es nicht um ungerechten Gewinn, sondern um geteilte Freude geht, dass Gott nicht fesseln will, sondern Menschen in dieser Welt zum Guten in Freiheit leben lassen will. Und es geht darum, dass Menschen unterschiedlich leistungsfähig und doch gleich viel wert sein können. Dem Leben vertrauen weil Gott uns vertraut - schöne Aussichten, wie ich finde.
Amen